Bundesrat Stenographisches Protokoll 734. Sitzung / Seite 124

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Entwicklung. Die Arbeiterbank BAWAG, der ,Konsum, der ÖGB: lauter Dilettanten. Dann hab ich mir den Gusenbauer in der ‚Pressestunde‘ angehört. Wie er sagte, der ÖGB habe mit der Partei nix zu tun, da hat’s mir den Magen umgedreht. Ich bin er­schüttert, wie sehr die Sozialdemokratie abgebaut hat: Im Bildungswesen, in den Be­dürfnissen der Menschen und vielem anderen. Im 19. Jahrhundert hat die Sozialdemo­kratie so unendlich viel für die Menschen getan“, und so weiter. „Ich bin empört und gleichzeitig erschüttert.“ – Zitatende. (Bundesrat Boden: Wer sagt, dass das stimmt?)

Da jetzt der Zwischenruf gekommen ist, „Wer sagt, dass das stimmt?“: Das finde ich gerade am heutigen Tag sehr interessant, weil Kollege Bieringer unter Bezugnahme auf die Debatte, die wir mit dem Landesverteidigungsausschuss hatten, gesagt hat: Er verlässt sich vorderhand nicht auf das, was in der Zeitung steht. (Bundesrat Boden: Würde ich auch machen!) – Daraufhin hat Ihr Fraktionsvorsitzender Konecny eine Aus­sendung gemacht, in der er gemeint hat: Bieringer beleidigt den gesamten Journalis­mus in Österreich (Heiterkeit bei der ÖVP), weil er nicht eins zu eins glaubt, was in der Zeitung steht. – Deswegen lese ich jetzt aus der Zeitung weiter vor. (Heiterkeit und Bei­fall bei der ÖVP.)

„Ja“, sagte Helmut Zilk, „ja, so ist es. In so schändlicher Weise hat sich ...“ (Zwischen­rufe bei der SPÖ.) – Bitte, hört zu, wenn Zilk spricht! (Neuerliche Heiterkeit sowie Bei­fall bei der ÖVP.)

Weil Worm ihn nach der „persönlichen Betroffenheit“ fragte, sagte Zilk: „Ja, so ist es. In einer so schändlichen Weise hat sich eine ideologische Gemeinschaft noch nie selbst entleibt.“ Hier lasse ich wieder ein bisschen aus; dann führt er Folgendes weiter aus, und das halte ich für sehr bemerkenswert. Dr. Zilk, der doch keine unmaßgebliche Per­son in der Sozialdemokratie ist und durchaus so etwas wie Insiderwissen hat, sagte zu dem Symptom BAWAG:

„Wir haben zwar alle gewusst, dass vieles nicht in Ordnung ist in der Bawag und im ÖGB. Wir haben einfach darüber hinweggesehen. Die skandalöse Geschichte der Penthäuser ist ja nur die Spitze des Eisberges gewesen. Auch die ideologische Spitze des Eisberges. Das hat jeder gewusst, wie luxuriös diese Herren über den Dächern von Wien logieren. Der Gusenbauer braucht jetzt nicht zu sagen, er hat das nicht ge­wusst. Niemand braucht das zu sagen. Jeder hat das gewusst, dass das nicht in Ord­nung ist. Es ist eine Schande, wie sehr diese Leute abgezockt haben.“ – Zitatende. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich lasse es damit bewenden, mit den deutlichen Worten, die Helmut Zilk zu dieser traurigen Situation gefunden hat. Und ich glaube, es ist ja wohl wirklich klar, dass in diesem Zusammenhang Erschütterndes passiert ist.

Jetzt möchte ich noch auf zwei Punkte Bezug nehmen, die der Fraktionsobmann der Sozialdemokratie vorgebracht hat, nämlich dass es sich bei dem Versagen der Mana­ger um ein Spezifikum handelt, das in der Wirtschaft mehr oder weniger allgemein stattfindet, und als Zweites, dass jetzt die ÖVP versucht, ein Sittenbild zu konstruieren.

Dazu möchte ich ganz deutlich sagen: Dieses Sittenbild, das wir hier vorfinden, hat nicht die ÖVP konstruiert! Wie Ihnen vielleicht aufgefallen ist, muss die ÖVP zurzeit nicht besonders viel zu diesem Thema sagen. Es kommt eine Explosion nach der anderen; da haben wir nicht das Öl hineingegeben, da haben wir nicht das Feuer hin­gegeben.

Wenn ich jetzt zum Beispiel sage: Sittenbild – sprechen wir über den Kollegen Verzet­nitsch! Mir persönlich ist es wirklich völlig gleichgültig, wer wie wohnt, insbesondere wenn es ihm dabei gut geht; wenn es ihm schlechter geht, habe ich ein bisschen Mit­leid, und wenn es ihm sehr schlecht geht, sehr viel Mitleid. Aber ich bin ziemlich neid-


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