Bundesrat Stenographisches Protokoll 734. Sitzung / Seite 131

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sondern ist eine existenzgefährdende Materie. Trotzdem habe ich Vertrauen in den neuen Präsidenten Rudolf Hundstorfer, weil ich ihn persönlich kenne, weil ich ihm das zutraue und weil er eine lückenlose Aufklärung und eine Aufräumung dieses Saustalls versprochen hat. Ich glaube, dass dies ein Beginn für eine große Reform sein kann, denn der wirtschaftliche und politische Schaden, den der ÖGB erlitten hat, ist enorm und wird für lange Zeit ein Thema in der Gesellschaft und natürlich auch in der Ge­werkschaftsbewegung sein.

Die Gewerkschaftsbewegung ist deshalb aufgefordert, rasch über eine totale Reform in einem breit angelegten Dialog ohne Tabus nachzudenken, denn wenn uns die Mit­glieder in ähnlicher Weise verlassen, wie die Bankkunden ihre Ersparnisse bei der BAWAG behoben haben, dann: Gute Nacht, ÖGB! Bei diesen Reformen, und es müs­sen tief greifende und ehrliche sein, geht es insbesondere um Demokratisierung, Stär­kung der Kontrollmechanismen und Wiederentdeckung – ich sage bewusst Wiederent­deckung – der Minderheitenrechte. Wir können hier eine Anleihe bei den Arbeiterkam­mern nehmen. Bei denen ist es seit Rechberger und Zacharias eine Selbstverständ­lichkeit, dass die Kontrolle von den Minderheitsfraktionen ausgeübt wird und vor allem auch ausgeübt werden kann – werden kann, das ist der entscheidende Terminus. Das Engagement der Gewerkschaften sollte sich nicht in Parteipolitik und in Fraktionsarbeit erschöpfen, sondern die Kreativität und Dynamik sollte in die Betreuung der Betriebs­rätinnen, der Personalvertreterin und in die Mitglieder investiert werden. Das ist ein ganz entscheidender Punkt.

Ziel muss es also sein, den Gewerkschaftsbund neu zu organisieren, denn Österreich braucht starke Interessenvertretungen, braucht die Erfolgsbilanz der gelebten Sozial­partnerschaft und einen starken überparteilichen ÖGB, wobei aber Überparteilichkeit nicht nur auf dem Papier stehen darf, sondern auch tatsächlich gelebt werden muss. Wir brauchen einen starken ÖGB für die Probleme in einer globalisierten Welt, in der der Konkurrenzkampf immer härter wird, und für den sozialen Frieden in Österreich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokratie: Verabschieden Sie sich von der Philosophie der siamesischen Zwillinge, denn diese Thesen sind längst überholt!

Glück auf!, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundes­rates Ing. Kampl.)

17.39


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


17.40.00

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Von grüner Seite befinde ich mich sozusagen auf neutralem Boden. Ich bin weder der Generalanwalt oder Strafverteidiger des ÖGB oder der BAWAG und auch nicht der, der das erklären muss, wie sich die Regierung in den letz­ten Wochen verhalten hat.

Deshalb versuche ich, diese Position einmal aus der Mitte zu nehmen und einfach von meinen persönlichen Empfindungen zu sprechen, wie man Schock für Schock dieses Desasters mitgehört hat und wozu man schon sagen muss, dass jeden Tag die Empö­rung eher dem Schmerz gewichen ist, dass die Schmerzgrenze überschritten worden ist. Es tut wirklich weh, was man hier hört.

Aber zuerst einmal ein Wort zur BAWAG: Ich kenne die BAWAG und die Art, wie sie arbeitet, von ihren Filialbetrieben, und ich muss sagen, ich habe in meiner Tätigkeit selten Bankmitarbeiter und Bankmitarbeiterinnen kennen gelernt, die dermaßen profes­sionell, dermaßen freundlich und dermaßen exakt und kundenorientiert gearbeitet ha-


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