Bundesrat Stenographisches Protokoll 735. Sitzung / Seite 27

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Alles, was im Rahmen der bestehenden Verträge gemacht werden kann, kann auch gemacht werden, wenn das der politische Wille der Mitgliedstaaten ist. Wenn das Dinge sind, die auch im Verfassungsvertrag vorgesehen sind, die aber keiner Vertrags­änderung bedürfen, dann halte ich das nicht für eine „Rosinenpickerei“, sondern für einen durchaus begrüßenswerten Fortschritt.

Alles das, was im Verfassungsvertrag vorgesehen ist und über das derzeitige Recht hinausgeht, kann nicht verändert werden, denn das würde ja eine Vertragsänderung bedeuten, die derzeit nicht möglich ist.

Was die Frage der Erweiterung betrifft, so ist die Situation derzeit sehr klar: Es gibt zwei Kandidaten, mit denen Beitrittsvertragsverhandlungen begonnen wurden – die Türkei und Kroatien –, es gibt einen Staat, der Kandidatenstatus bekommen hat, ohne dass Verhandlungen begonnen wurden, und es gibt eine Reihe von anderen Staaten – nämlich solche, die im Prozess der Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen vor­gesehen sind –, die potenzielle Kandidaten sind, das heißt, die eine Beitrittsperspektive haben.

Darüber hinaus gibt es derzeit keinen Anlass, sich über weitere mögliche Beitritte von anderen Staaten den Kopf zu zerbrechen.

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Schennach, bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Wie sieht nun generell die Vorgangsweise Österreichs in den letzten Wochen seiner EU-Ratspräsidentschaft in dieser Frage und mit dem Umgang dieser Frage aus?

 


Präsidentin Sissy Roth-Halvax: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Hans Winkler: Herr Bundesrat! Sie meinen die Erweiterungsfrage? (Bundesrat Schennach: Nein, die Verfassungsfrage!) – Die Verfassungsfrage!

Nun, der Auftrag an die österreichische EU-Ratspräsidentschaft lautet, die Reflexions­phase zu bewerten und für die Zukunft Impulse zu geben, wie es mit dieser Frage weitergehen soll – und genau das wird geschehen.

Man arbeitet derzeit sehr intensiv an den Schlussfolgerungen, die vom Europäischen Rat dann angenommen werden sollen.

Es wird mit Sicherheit eine Verlängerung der Reflexionsphase geben müssen – ob auf eine bestimmte Zeit oder auf unbestimmte Zeit, ob bestimmte Staaten eine besondere Verantwortung übernehmen sollen oder nicht, ist alles noch Gegenstand von Beratun­gen.

Tatsache ist – Sie haben es selbst gesagt –, das Datum 2009 ist ein Schlüsseldatum. Bis dahin – und zwar rechtzeitig bis dahin, das heißt also schon 2008, so würde ich meinen – muss Klarheit über die rechtliche Situation herrschen, ob dieser Vertrag oder ein anderer Vertrag die wahrscheinlich von allen unbestrittene Notwendigkeit einer Institutionenreform wird lösen können.

Im Anschluss an das, was ich vorhin über Volksabstimmung gesagt habe: In diesem Zusammenhang – das sagt Österreich eigentlich schon seit längerer Zeit immer wieder – wäre es sinnvoll, sich auch über die Frage europaweiter Volksabstimmungen den Kopf zu zerbrechen, weil das System der nationalen Volksabstimmungen, so sie notwendig sind, ja immer einen Unsicherheitsfaktor in sich birgt, weil ja dabei auch sehr oft über nationale Themen abgestimmt wird, die mit der Anlassfrage nichts zu tun haben.

 


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