Bundesrat Stenographisches Protokoll 735. Sitzung / Seite 101

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Zum Zweiten wird die für die Steuerbefreiung von Kleinunternehmern geltende Um­satzgrenze von derzeit 22 000 € auf 30 000 € angehoben. – Diese Entlastung steht jedoch in keiner Relation zu den Belastungen der letzten Jahre!

Wir wissen, dass wir in einem funktionierenden Wirtschaftskreislauf jede Form von Betrieben brauchen: die Klein-, die Mittel- und natürlich auch die Großbetriebe. Wir alle wissen auch, dass Großbetriebe sehr viele Klein- und Mittelbetriebe beschäftigen und dadurch indirekte Exporte möglich sind. Aber vor allem muss man die Wirklichkeit und die Wichtigkeit der heimischen Klein- und Mittelbetriebe unterstreichen, denn die öster­reichische Wirtschaftsstruktur ist von diesen Unternehmen besonders geprägt. Entlas­tungen im Bereich der KMU sind besonders wichtig, bedenke man – wir haben es heute schon gehört –, dass zirka 70 Prozent der Arbeitsplätze von diesen geschaffen werden. Gerade deshalb ist es wichtig, sie in wirtschaftlich schlechten Zeiten zu unter­stützen.

Die Rahmenbedingungen für die Klein- und Mittelbetriebe haben sich in den letzten Jahren verschlechtert – trotz der Behauptung, dass die KMU um 1,3 Milliarden € ent­lastet worden seien! Wie Kollege Gruber schon erwähnt hat, wurden im vergangenen Jahr 7 000 Betriebe der KMUs zugesperrt; mehr als 25 000 Arbeitsplätze gingen da­durch verloren. Hingegen sind die großen Gewinner der letzten Steuerreform jene in­ternationalen Konzerne, die für ihre Investitionen in „Verlusttochtergesellschaften“ rund um die Welt gefördert werden.

Es kann nicht sein, dass Betriebe, die ihre Niederlassungen ins Ausland verlagern, dafür auch noch steuerliche Vorteile genießen. Dadurch wird die Abwanderung auch noch subventioniert. Es profitieren die Großen, die international agierenden Konzerne. Für jene Unternehmen, die im Inland investieren und dadurch Arbeitsplätze sichern beziehungsweise schaffen, muss diese Form der Gruppenbesteuerung auch weiterhin aufrechterhalten bleiben.

Wenn man sich konkret die Zahlen der Körperschaftsteuer der Großkonzerne an­schaut, so sieht man, dass im Jahre 2001 noch 6,2 Milliarden € an den Fiskus abgelie­fert wurden. Nach der Steuerreform 2005 wurde nur noch ein Betrag von sage und schreibe 3,6 Milliarden € an die Finanz abgeführt. – Dass wir das KMU-Paket heute be­schließen, ist auch ein Eingeständnis, dass man das reparieren muss.

Wir brauchen eine Steuerreform, die zu einer echten und spürbaren Entlastung auch der Klein- und Mittelverdiener führt. Das bringt eine Ankurbelung des Konsums, eine Belebung der Inlandsnachfrage und eine Stärkung des Mittelstandes. Es muss mehr Geld für die Infrastruktur, für die Forschung, für die Bildung und für die Qualifizierung zur Verfügung gestellt werden. In Europa muss das Steuerdumping gestoppt werden. Jetzt subventionieren Nettozahler wie Österreich mit ihren Beiträgen die niedrigsten in den neuen EU-Staaten. Das kann doch nicht sein!

Leider kennen wir auch die Auswirkungen in unserem Land und haben auch traurige Rekorde zu verzeichnen: 380 000 Menschen in Österreich sind ohne Erwerbsarbeit auf der Straße – so viele wie niemals zuvor seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges, auch um ein Viertel – 75 000 Menschen – mehr als im Jahre 2000.

Das Fatalste, Herr Staatssekretär Finz, ist jedoch meiner Überzeugung nach die Ju­gendarbeitslosigkeit, die leider auch in der negativen Rankingliste mit über 70 000 jun­gen Menschen, die ohne Beschäftigung sind, an der Spitze steht. Durch diese negative Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ist auch die Kluft zwischen reich und arm deutlich größer geworden. Die Zahl jener Menschen, die davon betroffen sind, liegt bereits bei 460 000. Besonders krass ersichtlich wird das, wenn man weiß, dass heute die hundert reichsten Österreicher sechsmal so viel Vermögen haben als jene Millionen Lands-


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