Bundesrat Stenographisches Protokoll 736. Sitzung / Seite 17

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derkonferenzen von Linz und Salzburg wurde am 17. Oktober 1919 vereinbart, die Republik Österreich als Bundesstaat einzurichten.

Wir haben daher nicht nur eine große föderale Tradition, sondern wir haben die föderalen Strukturen auch selbst gewählt. Wir sind damals einen Weg gegangen, der heute in vielen anderen europäischen Ländern ebenfalls diskutiert und gegangen wird. Zu Recht hat Herr Präsident Kneifel darauf hingewiesen, dass es die Länder, und zwar zwei Mal, waren, die durch freiwilligen Zusammenschluss die Republik Österreich letztlich gegründet haben. Das noch einmal zu unterstreichen bin ich in diesem Hause auch meinem Rechtslehrer an der Universität Linz, Professor Schambeck, schuldig, der diesem Hause nicht unbekannt ist.

Meine Damen und Herren! Dass der Föderalismus in Europa zu immer mehr Ansehen kommt, hängt auch mit jener Entwicklung zusammen, die die Welt in den letzten Jahren genommen hat. Wir waren und sind inmitten einer großen Globalisierung. Das Leben der Menschen wird heute mehr denn je von internationaler Vernetzung geprägt. Und gerade in diesen Jahren der zunehmenden Globalisierung, in denen von jedem von uns Weltoffenheit gefordert wird, wird gleichzeitig ein anderes Bedürfnis der Menschen deutlich spürbar: der Wunsch nach Verwurzelung, nach Beheimatung, nach Identität.

Das Bedürfnis der Verwurzelung als Gegenprogramm zur Globalisierung bedeutet aber auch, dass das Interesse der Menschen für ihren eigenen Lebensraum, für ihre Region wieder steigt und dass möglichst viele Entscheidungen auch auf der regionalen Ebene getroffen werden müssen.

Wir brauchen daher den Föderalismus, um bei den Bürgern Akzeptanz für die Politik zu schaffen. Entscheidungen, die auf die Ebene von Gemeinden und Ländern herun­tergebrochen werden, werden eher verstanden und auch eher akzeptiert als Ent­scheidungen zentraler Instanzen. Föderalismus und Subsidiarität sind damit ein wir­kungsvolles Mittel gegen Politikverdrossenheit unserer Zeitgenossen.

Globalisierung und gemeinsamer europäischer Markt bringen aber noch ein weiteres Phänomen mit sich: Wirtschaftsräume werden vergleichbarer und treten zueinander in Konkurrenz. Der dienstälteste Regierungschef Europas, Jean-Claude Juncker, der Luxemburger Premierminister, hat bereits Ende der neunziger Jahre darauf hin­gewiesen, dass der wirtschaftliche Wettbewerb im 21. Jahrhundert in erster Linie ein Wettbewerb der Regionen Europas sein wird.

Für diesen Wettbewerb haben jene Regionen die besseren Voraussetzungen, die mög­lichst große Spielräume zur Attraktivierung des eigenen Wirtschaftsstandortes haben. Es wäre nämlich ein fataler Irrtum zu glauben, jede eigenständige Wirtschaftspolitik würde sich aufhören, weil durch den Euro die nationale Geldpolitik nicht mehr existent ist, weil die Spielräume bei der Fiskalpolitik durch Maßnahmen wie etwa den Stabili­täts­pakt immer kleiner werden. Darauf eine klare Antwort: Dann hört Wirtschaftspolitik nicht auf, sondern dann fängt sie erst an und wird umso wichtiger!

Wirtschaftspolitik wird – wie bereits in den letzten Jahren auch – künftig in erster Linie Standortpolitik sein. Wir müssen alles tun, um die Qualität des eigenen regionalen Wirtschaftsraumes zu verbessern. Dafür sind viele kleine Schritte notwendig, und sie sind auch möglich.

Wir in Oberösterreich gehen diesen Weg bereits seit vielen Jahren. Gleichzeitig ist uns aber auch bewusst, dass man diese Aufgabe nie endgültig erledigen kann, dass das ein Dauerprozess ist. Die Standortpolitik – ich meine hier insbesondere die um­fassende Infrastruktur, vom Verkehrsbereich bis zur Bildungslandschaft, bis zu For­schung und Entwicklung – muss laufend weiter optimiert werden.

 


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