Bundesrat Stenographisches Protokoll 736. Sitzung / Seite 117

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betonen zwar immer, den ländlichen Raum zu unterstützen und zu schützen, machen in Ihrer täglichen Arbeit aber genau das Gegenteil. Diese Bundesregierung verab­schiedet sich – und das sieht man ja auch an dieser Vorlage – immer mehr von der Wahrnehmung ihres Versorgungsauftrages. So stehen zum Beispiel bereits jetzt 28 Nebenbahnen von insgesamt 74 in Österreich auf einer Abschussliste. Es wird zwar immer behauptet, auch vom Herrn Staatssekretär, es gebe keine solche Liste – man kann das glauben oder auch nicht. Aber man kann annehmen, dass es eine gibt, und leider hat sich ja in der Vergangenheit bei unseren Annahmen, zu denen es zunächst immer geheißen hat, das sei nur Polemik unsererseits, letztendlich sehr oft das Gegenteil herausgestellt – nicht wahr, Herr Staatssekretär? –, sodass wir dann immer Recht bekommen haben.

Herr Staatssekretär! Auch meine Region ist von diesen Einsparungsplänen betroffen, und sehr viele Pendlerinnen und Pendler, Schülerinnen und Schüler machen sich schon Sorgen angesichts dieses Vorschlags beziehungsweise dieser Meldungen. Es soll nämlich die Strecke Schärding – Ried – Attnang eingestellt werden. Und für einen Bezirk wie den Bezirk Schärding, wo fast 68 Prozent der Menschen auspendeln müssen, um an ihren Arbeitsplatz zu kommen, und sehr viele Schülerinnen und Schüler in den benachbarten Bezirk Ried pendeln müssen, um das Angebot der Schule annehmen zu können, ist das wirklich eine schlimme Sache. Ich zitiere in diesem Zusammenhang das „Rieder Schärdinger Magazin“ vom 13. Juni, in dem das als eine verkehrspolitische Wahnsinnstat bezeichnet wird.

Ein Unternehmen wie die ÖBB kann man nicht attraktiver machen, Herr Staatssekretär, indem man Nebenbahnen einstellt und Privaten zum Kauf anbietet, indem man ein Unternehmen filetiert, in Einzelgesellschaften zerteilt und indem man Personalabbau betreibt. Es muss vielmehr das Angebot attraktiver gestaltet werden, denn dann wird das attraktive Angebot auch von den Bürgerinnen und Bürgern angenommen!

Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Es ist zu wenig, immer nur zu sagen, ich bin ein Eisenbahnfreund, weil ich sehr oft mit dem Zug von A nach B fahre, oder immer nur in Sonntagsreden – Herr Kollege Mayer hat es schon ange­sprochen, wir werden auf diese Weise unglaubwürdig – zu sagen: mehr weg von der Straße, mehr auf die Schiene!, und dann machen wir nichts. Das ist zu wenig! Sinnvolle Rahmenbedingungen wären gefragt. Sie haben auf Seiten der Bundes­regierung die Aufgabe gehabt, Sie waren gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die dem Unternehmen ÖBB die Möglichkeit geben, ein attraktives Angebot zu machen, Sie haben mit Ihrer Politik aber das Gegenteil gemacht.

Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren von den Regierungs­parteien! Sinnvolle Verkehrspolitik, sinnvolle Rahmenbedingungen, das bedeutet nicht, nur immer Personalabbau zu betreiben, Strecken zu schließen, Nebenbahnen einzu­stellen, wie gesagt, und im Managerbereich Postenschacher zu betreiben. Das genügt nicht! Verkehrspolitik ist etwas anderes!

Ihre Verkehrspolitik, geschätzte Damen und Herren, Herr Staatssekretär, gibt Anlass dazu, dass die Werbeabteilung der ÖBB den sicher allen hier Anwesenden bekannten Slogan „Die Bahn lebt“ bald ergänzen können wird wie folgt: „Die Bahn lebt, aber nicht mehr lange!“ – Und als ein zu 100 Prozent motivierter ÖBBler, der seit über 30 Jahren in diesem Unternehmen arbeitet, bin ich traurig, dass ich diesen Satz zum Schluss meiner Rede anführen muss. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Schennach.)

15.39


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.

 


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