Bundesrat Stenographisches Protokoll 736. Sitzung / Seite 119

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Mit diesem Gesetz übertragen Sie einen wesentlichen Teil der bisher behördlichen Verantwortung von der Behörde auf den Projektwerber. Dabei rutscht aber die Haftungsfrage mit, wobei prinzipiell gar nicht geklärt ist, wie weit Sachverständige überhaupt haften. Sie übertragen dies aber jedenfalls auf den Projektwerber.

Indem Sie das tun, nehmen Sie der Behörde zweitens die Möglichkeit, im Rahmen des Verfahrens Auflagen zu erteilen. Die Behörde beschäftigt ja keinen Sachverständigen mehr, und das bedeutet in einem solchen Projekt einen enormen Abstimmungsbedarf zwischen dem Gutachter und der Behörde. Das wiederum bedeutet – und das werden Sie ja nicht wollen, das will ja niemand – einen enormen Zeitverlust für die Planung.

Der dritte Punkt, den Sie ändern: Bisher gab es eine Teilung der Baugenehmigung nach § 36 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3. Das heißt: Man muss sich die Welt der ÖBB und ihrer Planungen so vorstellen, dass man zuerst nach § 36 Abs. 1 die Lage festgestellt hat, dann die Brücken und die Hochbauten gemäß § 36 Abs. 2 genehmigt wurden und zuletzt die Streckenausrüstung wie zum Beispiel die Fahrleitung nach § 36 Abs. 3.

Mit dem, was Sie hier vorlegen, versuchen Sie diesen sehr moderaten Vorgang in ein Genehmigungsverfahren hineinzuplanen, damit alles bis zur Streckenausrüstung in einem eingereicht wird. Dieses Vorhaben bedeutet genau die Umkehrung dessen, was Sie wollen: Es wird nichts schneller, sondern es verlängert den Planungsprozess enorm. Die Änderungen in einem Projekt – zum Beispiel auf Grund von technischen Innovationen, von Bürgerdiskussionen oder auch von zwischenzeitlichen Gesetzes­änderungen – können nicht mehr berücksichtigt werden, weil von diesem dreiteiligen, den Bau und das Genehmigungsverfahren eigentlich sehr fördernden Prozess zu einer sehr komplizierten Vorgehensweise übergegangen wird und man dadurch eigentlich nicht mehr reagieren kann.

Das Nächste: Projektänderungen gegenüber der Einreichung können nicht mehr lau­fend, sondern erst mit der Betriebsbewilligung durchgeführt werden. Zu diesem Zeitpunkt ist die Anlage aber schon gebaut. – Das kostet Geld, das kostet Zeit.

Herr Staatssekretär! Ich weiß gar nicht, ob Ihnen Folgendes klar ist: Würden wir das Gesetz heute beschließen, gäbe es eine Legisvakanz: In diesem Gesetz machen Sie eine ganze Reihe von Tatbeständen genehmigungsfrei. – Bisher war das der § 14 samt seinen Verordnungen. Diese Genehmigungsfreiheit wird nun ausgeweitet, aber die Verordnung liegt nicht vor. Das wäre also nun ein Gesetz, das eine Verordnung braucht, während diese Verordnung derzeit aber gar nicht vorliegt.

Wenn Sie also wirklich die Absicht haben, auf diesem Gesetz im Nationalrat zu beharren, dann nützen Sie wenigstens die Zeit, die wir Ihnen heute schenken, um die Verordnung auszuarbeiten, die dazu notwendig ist!

Das Nächste: Es befindet sich derzeit eine Reihe von Eisenbahnprojekten in Bau­genehmigungsverfahren. Es gibt bei dem, was heute hier vorliegt, keine brauchbaren Übergangsbestimmungen. Lediglich jene Projekte, die bereits eingereicht wurden, können nach alter Gesetzeslage behandelt werden. Meine Damen und Herren! Eisenbahnprojekte werden aber nicht innerhalb von Monaten geplant! Derzeit gibt es eine ganze Reihe von Eisenbahnprojekten, die seit fünf Jahren in Planung sind. Diese Planungen sind dann auf gut deutsch „für die Fisch’“.

Weiters: Mit der Verschiebung der Sachverständigentätigkeit in den Bereich des Projektwerbers sollte eine Verkürzung der Verfahrensdauer erreicht werden. Welche Prüfungsaufgabe aber nun im Genehmigungsverfahren die Behörde noch innehat, ist komplett unklar.

Der nächste Punkt wird die Herren und Damen Bürgermeister und Bürgermeisterinnen interessieren: Standortgemeinden gelten nach dem Eisenbahngesetz nicht als Partei.


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