„Sollte die Anleitung aus der Anti-Korruptions-Broschüre des Bundesministeriums für Finanzen ‚Lehnen Sie Geschenke und Vorteile konsequent ab!’ nicht nur für Ressortbedienstete, sondern auch für Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre gelten, um eine unbeeinflusste und objektive Amtsführung zu garantieren?“
Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Bundesräte! Herr Konecny, ich darf eingangs darauf hinweisen, dass es, wie Sie wissen, deutliche Unterschiede gibt bei den Rechtsgrundlagen – auf der einen Seite für Mitglieder der Bundesregierung, auf der anderen Seite für Beamte beziehungsweise Vertragsbedienstete. Sie kennen das Unvereinbarkeitsgesetz, Sie kennen alle anderen Regelungen der politischen Verantwortung von Mitgliedern der Bundesregierung, ob es Interpellationsrechte im Bundesrat oder im Nationalrat sind, ob es die finanzielle Kontrolle durch den Rechnungshof ist, ob es die rechtliche Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof ist, ob es die gesamte Verwaltungstätigkeit des Bundes ist, die ja auch der unabhängigen Volksanwaltschaft und der Kontrolle durch diese unterworfen ist.
Die Broschüre, die Sie angesprochen haben, ist ausdrücklich für den beruflichen Zweck, also für den Beamten beziehungsweise Vertragsbediensteten zur Bewusstseinsbildung entwickelt worden. Sie hat nicht den Zweck, die Privatsphäre des Beamten zu berühren. So soll weder die Fortführung von bestehenden Freundschaften oder Bekanntschaften verboten werden, noch sollen Einladungen, die mit der amtlichen Stellung des Bediensteten nichts zu tun haben, untersagt werden.
Ich möchte an dieser Stelle, nachdem der Hintergrund Ihrer Frage ja relativ klar ist, nochmals ganz deutlich sagen, dass meine Arbeitskraft selbstverständlich der österreichischen Bevölkerung gehört, und ich betrachte es als großes Privileg, diese Verantwortung seit einigen Jahren wahrnehmen zu dürfen.
Ich glaube, ich habe immer unter Beweis gestellt, dass ich
diese Verantwortung unbeeinflusst, unabhängig und stets den Pflichten
meines Amtes entsprechend ausgeübt habe. Ich sage aber gleichermaßen
bestimmt dazu, dass mein Privatleben mir gehört und das auch so bleiben
wird und ich mir daher von niemandem vorschreiben lassen werde,
wann, wo und wie oft ich meine Freunde auch in Zukunft treffen werde. (Beifall
bei der ÖVP sowie Beifall der Bundesräte Mitterer und
Ing. Kampl.)
Präsident Gottfried Kneifel: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.
Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Minister, Sie haben die Rechtsgrundlage angesprochen. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie fragen, wie Sie den Gesetzesantrag der Bundesräte Konecny und GenossInnen vom 23. Juni 2003 beurteilen, wonach unter anderen Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre während ihrer Amtstätigkeit keine Geschenke annehmen dürfen, welche in ihrem Wert die Bagatellgrenze im Sinne eines Vorteiles gemäß § 304 Strafgesetzbuch übersteigen und den bedauerlicherweise der Nationalrat nicht in Verhandlung genommen hat.
Präsident Gottfried Kneifel: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Bundesrat Konecny, verzeihen Sie, dass ich diesen Antrag nicht kenne (Bundesrat Konecny: Der wird Ihnen gerne zugänglich gemacht werden!) und daher auch nicht wirklich dazu Stellung nehmen kann. Ich kann nur sagen, dass ich mich, wie alle anderen Mitglieder der Bundesregierung auch, selbstverständlich auf Punkt und Beistrich an alle Gesetze
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