Bundesrat Stenographisches Protokoll 737. Sitzung / Seite 42

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Das Betreiben kam vorwiegend von österreichischer Seite, und das löst zusätzliches Unverständnis aus.

Es wird ein seit Jahrzehnten gültiges Abkommen geändert, und das noch zu Lasten des österreichischen Fiskus. Für die Schweizer ist dieses Abkommen natürlich in dieser Form sehr erfreulich – und sie freuen sich auch sehr darüber. In vielen Schweizer Medien ist zu lesen und wird getitelt – ich darf zitieren –: Vorarlberger Grenz­gänger füllen die St. Galler Steuerschatulle. Freude beim Schweizer Steueramt. Die Grenzgänger bringen den Schweizer Gemeinden Geld.

Das sind die Kommentare in Schweizer Zeitungen, und in jedem dieser Berichte fehlt auch nicht die spitze Bemerkung, dass das Betreiben zur Änderung dieses Steuer­abkommens von österreichischer Seite kommt. In jedem dieser Berichte macht man sich mit ein, zwei Sätzen ein bisschen lustig darüber, dass es gerade die Österreicher betrieben haben, dass es hier zu einem nachteiligen Steuerabkommen für Österreich kommen wird.

Medien in Österreich, die sich damit auseinander setzen, sehen das natürlich ein bisschen anders, da heißt es dann: Neuregelung bringt Millionenloch. – Und das ist es, meine Damen und Herren! Trotz meiner geografischen Nähe zu unserem Nachbarland Schweiz kann ich Ihnen hier nicht detailliert über die öffentliche Finanzlage der Kantone und der Schweizer Kommunen Auskunft geben, aber es ist offenbar auch in der Schweiz so, dass es auf kommunaler und kantonaler Ebene diesbezüglich nicht mehr so gut aussieht. Aber müssen da wirklich wir Österreicher einspringen, um die Finanzen der Schweizer Gemeinden aufzubessern? (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

In den Erläuterungen zu diesem Abkommen heißt es: Es ist notwendig, dieses Doppelbesteuerungsabkommen zu ändern, weil es sonst zu einem Steuerausfall von bis zu 80 Millionen € kommen könnte.

Meine Damen und Herren, ich halte diese Zahl für absolut unseriös! Diese Zahl von 80 Millionen € Entfall wurde auch im Ausschuss nur sehr dürftig erläutert. Die Annahme, dass jeder Grenzgänger ein Steuerschlupfloch nutzt, was in der Praxis alles andere als leicht und einfach ist, ist schlicht und einfach unseriös, unrichtig und stellt viele tausend Grenzgänger in das Eck der Steuerschwindler. Und da gehören sie aus meiner Sicht nicht hin, das ist eine Unterstellung, die diese Menschen nicht verdient haben. (Beifall bei der SPÖ.)

In der Zeit der Vertagung habe ich versucht, mit Steuerexperten zu sprechen und zu schauen, ob mir die 80 Millionen € an Steuerentfall irgendjemand bestätigen kann – erfolglos. Aber jeder, mit dem ich gesprochen habe, kommt zum Schluss, dass der österreichische Staat durch dieses DBA bis zu 20 Millionen € im Jahr verlieren kann. Genauso wie die 80 Millionen € kann auch niemand die genannten 9 Millionen € Steuerausfall nachvollziehen, die im Vorblatt genannt werden. Die Schätzungen von jenen, die das niedrig einschätzen, liegen bei 12 bis 15 Millionen €.

Ich bin gespannt, ob Sie, Herr Minister, in dieser Sache aufklären können bezie­hungsweise ob wir hier Aufklärung erhalten oder wieder nur die Zahlen des Vorblattes hier wiederholt werden.

Aber auch die Art und Weise, wie mit den Betroffenen umgegangen wurde, ist aus meiner Sicht alles andere als bürgerfreundlich und bürgernah.

Die größte Vereinigung der Grenzgänger in Österreich, der Grenzgängerverband, hat einen Brief an Sie, Herr Finanzminister, geschrieben und um Informationen gebeten und die Bedenken aus seiner Sicht geschildert. Der Brief – ich habe ihn in Kopie da – wurde am 24. November 2005 abgesendet, mit dem Ergebnis, meine Damen und


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