Bundesrat Stenographisches Protokoll 737. Sitzung / Seite 46

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Österreich einen „Nachteil“ erblicken kann – und erst recht verstehe ich nicht, dass Sie durch die Ablehnung einer entsprechenden Änderung für die Aufrechterhaltung einer solchen Steuerungerechtigkeit eintreten!

Steuerungerechtigkeit besteht in diesem Falle nicht nur gegenüber in Österreich arbeitenden Steuerzahlern, sondern auch gegenüber jenen zahlreichen und weitaus überwiegenden Grenzgängern, die ihrer Einkommenssteuerpflicht regelmäßig nach­kommen. Das wäre sozusagen das erste Mal, dass Sie von der SPÖ sich für eine – noch dazu noch mit 3 Prozent exorbitant niedrige – Flat-tax erwärmen könnten!

Der zweite Vorteil liegt nicht so einfach und eindeutig auf der Hand, weil wir – naturgemäß – Vergleichswerte nur aus der Vergangenheit und nicht für die Zukunft haben. Es ist zunächst richtig, dass durch den Entfall der Besteuerungsgrenze von 3 Prozent für die Schweiz ein Mehrertrag und durch die Anrechnung der nun höheren Schweizer Steuerleistung für Österreich ein Minderertrag eintritt. Dabei darf aber Folgendes nicht übersehen werden: Zunächst leistet die Schweiz eine Ausgleichs­zahlung in Höhe von 12,5 Prozent ihres Steueraufkommens von allen in Österreich ansässigen Arbeitnehmern, die zudem bei einer Änderung der Grenzgängerrelation, also bei einem neuen Sachverhalt nach Ziffer 4 des Schlussprotokolls, neu verhandelt werden kann.

In weiterer Folge kann durch die Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens vermieden werden, dass Grenzgänger unter Nutzung des Freizügigkeitsabkommens der EU mit der Schweiz durch gelegentliche Nächtigungen in der Schweiz aus­schließlich dort einkommenssteuerpflichtig werden und Österreich in diesem Falle überhaupt keine Steuereinnahmen erhält. Das österreichische Besteuerungsrecht hing bisher nämlich davon ab, dass ein Grenzgänger auch tatsächlich täglich an seinen Wohnort zurückkehrt, was er nach Schweizer Recht früher auch musste. Dass das ein Grenzgänger nach EU-Recht heute nicht mehr machen muss, öffnet einer Flucht aus dem österreichischen Besteuerungsrecht Tür und Tor. Wenn man sich das wesentlich niedrigere Steuerniveau der Schweiz und den leichten Zugang zu dieser Gestaltungs­möglichkeit vor Augen führt – das kennt man ja aus der Praxis –, so lässt sich unschwer eine gravierende Nutzung dieser Versuchung voraussehen, wobei es sich dabei um eine legale, auf der Grundlage österreichischer Gesetze und internationaler Abkommen basierende Überlegung handelt – aus subjektiver Sicht auch durchaus nachvollziehbar –, die jedoch zum Nachteil für Österreich ist.

In welchem Ausmaß dieser Steuerausfall eintreten und den mit der Änderung des Abkommens verbundenen Ausfall überwiegen würde, lässt sich mangels hellsehe­rischer Fähigkeiten natürlich nicht genau beziffern, dass er aber jedenfalls überwiegen würde, wurde bisher nicht ernsthaft bestritten.

In diesem Zusammenhang gehe ich auf das Argument „mangelhafte Berechnung“ ein, das Kollege Einwallner in der vorletzten Ausschusssitzung, vor seinem Ver­tagungsantrag, bemüht hat. Wenn sich Kollege Einwallner eine seiner guten Brillen aufgesetzt und genau gelesen hätte – aber eigenes Handwerk leidet bekanntlich Not (Heiterkeit) –, wäre ihm von vornherein Folgendes aufgefallen: Die von Kollegem Einwallner als „Beleg“ angeführte Kritik des Rechnungshofes an einer nicht aus­reichenden rechnerischen Dokumentation bezog sich naturgemäß auf den Begut­achtungsentwurf! Wenn man die Regierungsvorlage mit diesem Entwurf vergleicht, sieht man einen wesentlichen Unterschied, nämlich eine genauere, ausführliche und nachvollziehbare Berechnung der zu erwartenden Finanzströme.

Diese Berechnung ergibt einen saldierten Steuermindereingang von rund 9 Millionen €. Das wurde in der Zwischenzeit offenbar nachgelesen; jedenfalls gab es in der vorgestrigen Sitzung des Finanzausschusses dazu keine Wortmeldung. Der Unter-


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite