Bundesrat Stenographisches Protokoll 737. Sitzung / Seite 94

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Da vorhin gesagt wurde, wie sehr wir jetzt geschützt seien, möchte ich schon noch ein paar Dinge herausheben, die meiner Meinung nach zu zögerlich angesprochen worden sind. Da heißt es zum Beispiel:

„Hat ein Vertragsstaat Kenntnis von einer glaubhaften Androhung eines Sabotageaktes gegen Kernmaterial oder gegen eine Kernanlage in einem anderen Staat, so beschließt er geeignete Maßnahmen, ...“

Das heißt, er weiß es, und erst dann darf er geeignete Maßnahmen beschließen, „die zu treffen sind, um den betreffenden Staat ... und gegebenenfalls“ – also eventuell, vielleicht auch – „die Internationale Atomenergie-Organisation“ zu informieren. – Das halte ich nicht unbedingt für einen großen Vorstoß in Richtung Sicherheit.

Nächster Punkt: Wenn „im Falle eines Sabotageaktes gegen Kernmaterial oder gegen eine Kernanlage in einem Vertragsstaat dieser Staat“ dann „der Ansicht“ ist, „dass andere Staaten wahrscheinlich radiologisch betroffen“ sein werden, kann er dann die wahrscheinlich radiologisch betroffenen Staaten informieren.

Ich erinnere mich, wie das beim Kernkraftwerk Paks war. Da hat man gesagt: Ja, bis jetzt ist nichts passiert, und es wird auch nichts passieren, und die Anrainerstaaten geht das eigentlich nichts an, denn die haben bis jetzt ja noch nichts gemerkt von diesem Kernkraftwerk. – Angesichts dieser Haltung frage ich mich schon, ob das wirklich so ein großer Schutz für uns wäre, wenn einmal wo etwas passiert, und ob wir dann auch tatsächlich davon informiert werden.

Der nächste Punkt: Ein Vertragsstaat kann, soweit erforderlich, andere Vertragsstaaten unmittelbar oder über die Internationale Atomenergie-Organisation oder andere ein­schlägige internationale Organisationen konsultieren und mit ihnen zusammen­arbeiten. – Das finde ich schon interessant, dass man in einen Vertrag hineinschreiben kann, dass ein Staat mit einem anderen Staat zusammenarbeiten kann.

Wie gesagt: Ich bin kein Diplomat – oder keine Diplomatin –, ich denke nur, die Euphorie, dass man sagt, durch dieses Übereinkommen sind wir geschützt vor allen möglichen Angriffen, die auf Atomkraftwerke stattfinden können, ist nicht unbedingt angebracht. So sehr geschützt sind wir, glaube ich, durch diesen Vertrag nicht. (Präsident Kneifel übernimmt wieder den Vorsitz.)

Natürlich werden wir trotzdem zustimmen, keine Frage, denn es ist insgesamt gesehen doch ein Fortschritt. Es wird aber trotz dieses Vertrages notwendig sein, immer wieder zu beobachten, was rundherum passiert, was mit grenznahen Kernkraftwerken pas­siert – und auch in der Nähe von grenznahen Kernkraftwerken. So wird beispielsweise in den tschechischen Medien immer wieder kolportiert, dass die USA angeboten haben, in der Tschechischen Republik einen Teil eines Abwehrschirmes zu statio­nieren, wo Langstreckenraketen abgefangen werden sollen, eine Raketenbasis also.

Als einer der möglichen Standorte ist die Ortschaft Rapotice genannt. Diese liegt allerdings nahe am AKW Dukovany, und wenn man weiß, wie sicher Dukovany konstruiert ist, sollte man doch auch von österreichischer Seite einmal Bedenken anmelden. Die tschechischen Militärs sind zwar offensichtlich dafür – nicht gerade begeistert, aber dafür –, aber sicherlich stellen gerade solche Ziele doch eine Gefähr­dung auch für uns dar, denn wenn in Dukovany etwas passiert, werden wir in Österreich das ganz sicher merken.

Zu guter Letzt möchte ich noch betonen, dass der sicherste physische Schutz der Bevölkerung nach wie vor eine konsequente Anti-Atom-Politik und eine konsequente Friedenspolitik ist, und das auf europäischer Ebene. – Aber diesem Vertrag werden wir natürlich trotzdem zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

13.32

 


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