Bundesrat Stenographisches Protokoll 738. Sitzung / Seite 7

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Nicht zuletzt angesichts der wesentlichen Abänderungen im kommerziellen Bereich erachtet der Rechnungshof die Vorgangsweise des BMLV als mit hohem Risiko behaftet.

Erhebliche Zweifel bestehen an der Einhaltung des Liefertermins sowie der grund­sätzlichen Einsatzfähigkeit des ausgewählten Flugzeugtyps. Dem gegenüber stehen exorbitant hohe Lebenszykluskosten.

Aus der Rechnungshofkritik ergibt sich klar, dass die Regierung trotz Kenntnis eines wesentlich höheren Preises am 2. Juli 2002 und am 1. Juli 2003 Ministerratsent­scheidungen auf Basis von falschen bzw. geschönten Preiskalkulationen herbeigeführt hat. Ebenso haben sich die Ankündigungen von Bundeskanzler Schüssel hinsichtlich der Finanzierung der Abfangjäger über eine Wirtschaftsplattform als nicht haltbar herausgestellt.

Ein Bericht des deutschen Nachrichtenmagazins ,Der Spiegel’ vom 4. März 2006 sorgte für große ,Eurofighter-Aufregung‘.

Die deutsche Regierung befürchtet nach ,Spiegel‘-Informationen offenbar einen Aus­stieg Österreichs aus dem ,Eurofighter‘-Programm. Um zu verhindern, ,dass Österreich ein vertraglich vereinbartes Rücktrittsrecht ausübt‘, nachdem das Hersteller-Kon­sortium die bestellten Jets nicht rechtzeitig liefern könne, wollten Deutschland, Groß­britannien, Spanien und Italien den Österreichern sechs Eurofighter in der Jagd-Version überlassen, deren Ausrüstung später ergänzt werden soll, zitiert das Magazin laut Vorausmeldung vom Samstag einen ,vertraulichen Bericht‘ des deutschen Verteidigungsministeriums an den Bundestag.

Darüber hinaus werde mit Wien über ,umfangreiche Unterstützungsleistungen‘ Deutsch­lands verhandelt, etwa bei ,Abnahme und Zulassung‘ der Flugzeuge sowie bei der Ausbildung österreichischer Piloten und Techniker, schreibt der ,Spiegel‘.

Nunmehr stellt sich heraus, dass die österreichische Bundesregierung nicht einmal jetzt das vertraglich vereinbarte Rücktrittsrecht wahr nimmt.

Oppositionskritik an der Vorgangsweise der Bundesregierung hinsichtlich des Beschaf­fungsvorganges wird regelmäßig von Regierungsmitgliedern mit Stellungnahmen zu den abgeschlossenen Verträgen beantwortet, diese Verträge wurden jedoch noch nie gegenüber dem österreichischen Parlament – auch nur teilweise – offengelegt, obwohl es sich bei dieser Transaktion um die teuerste Beschaffung der II. Republik handelt.

Diese Vorgangsweise der Regierung, das Parlament komplett von der Kontrolle aus­zuschließen, widerspricht demokratischen Prinzipien und ist ein Riesen-Skandal.

Führende Verfassungsrechtler kritisieren diese Vorgangsweise scharf.

Univ.Prof. Dr. Mayer:

Ich kann nicht erkennen, aus welchen Gründen ,kaufmännische Bestimmungen‘ gem. Art 20 Abs 3 B-VG der Geheimhaltung unterliegen müssten. Welches ,überwiegende Interesse der Partei‘ (des Verkäufers) eine Geheimhaltung rechtfertigen sollte, ist nicht erkennbar. Die übrigen Gründe, die gem. Art 20 Abs 3 B-VG zur Geheimhaltung verpflichten, stehen im Dienste öffentlicher Interessen (vgl. Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht [2002] 143 mwN); daraus folgt, dass eine Verschwiegen­heitspflicht, die keinem öffentlichem Interesse dient, nicht anzunehmen ist. (Standard, 21.3.2006)

Univ.Prof. Dr. Funk:

Der Verfassungsrechtler Bernd Christian Funk hält die Geheimhaltung des Eurofighter-Kaufvertrages unter ,pauschaler Berufung auf die Amtsverschwiegenheit‘ für nicht


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