Bundesrat Stenographisches Protokoll 738. Sitzung / Seite 69

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Wir haben keinen Zweifel daran gelassen, dass wir diese Schritte für eine der weni­gen – aber das sage ich nur sehr zurückhaltend – positiven Maßnahmen der Bundes­regierung in den letzten sechs Jahren gehalten haben. Ich habe nicht den geringsten Anlass, daran zu zweifeln, dass die Vertreter der ÖVP diese Beschlüsse aus Über­zeugung initiiert und hier im Haus beschlossen haben.

Aber ich kann einfach nicht umhin, weil es hier einen Grad an innerem Aufgewühltsein gibt, dem Haus eine Äußerung des Herrn Staatssekretärs Mainoni vorzutragen, die er in einem Interview, das diese Woche in der „Zeit“ erscheinen wird, gemacht hat. Auf die Frage, warum es zu diesen Beschlüssen gekommen ist, hat Mainoni – und ich zitiere wörtlich – geantwortet: „Da haben wir uns eingekauft.“ „Da haben sich die ÖVP und die Freiheitlichen ... zusammengesetzt und überlegt: ‚Okay, wie viele Milliarden kostet uns das?’ Und dann haben wir das gemacht. Damit haben wir auch den Rücken frei gehabt gegenüber den jüdischen Organisationen.“

Ich fühle mich als jemand, der diesen Vorlagen zugestimmt hat, beleidigt und beschämt durch diese Äußerungen! Ich halte sie für einen beispielgebenden Skandal. Für mich war meine Zustimmung kein Ausdruck meines Bedürfnisses, mich von irgendwas freizukaufen und irgendeinen Rücken frei zu machen! Für mich war es die selbstverständliche Zustimmung zu Maßnahmen, die spät, aber doch gekommen sind, und ich schäme mich für ein Regierungsmitglied, das das in dieser üblen, wider­wärtigen und skandalösen Art und Weise sieht. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.28


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kehren wieder zur Tagesordnung zurück.

Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Zwazl. (Bundesrätin Zwazl: Ich glaube, Klubob­mann Bieringer wollte direkt darauf antworten!)

Gut; kein Einwand, wenn die Rednerreihenfolge getauscht werden soll. – Bitte, Herr Bundesrat Bieringer.

 


17.28.40

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf für die ÖVP im Gesamten, begonnen vom Bundeskanzler bis hinunter zum letzten Mitglied, Folgendes festhalten. Falls Herr Staatssekretär Mainoni das gesagt hat – und ich gehe davon aus, dass es, wenn es Herr Kollege Konecny hier zitiert, auch so gewesen ist –, dann weise ich diese Form mit aller Entschiedenheit für die Österreichische Volkspartei zurück!

Die Österreichische Volkspartei und insbesondere Wolfgang Schüssel haben aus tiefer Überzeugung gehandelt. Ich gebe dir, Herr Kollege Konecny, Recht: viel zu spät – aber Wolfgang Schüssel ist erst seit 2000 Bundeskanzler dieser Republik; es hat vorher andere Bundeskanzler gegeben. Aber Wolfgang Schüssel hat aus tiefer Überzeugung diese Zwangsarbeiterentschädigung und den Restitutionsfonds eingeführt, ist dazu gestanden und hat dies auch durchgezogen.

Das gilt für die komplette ÖVP, und wir haben keine Hintergedanken gehabt, sondern wir haben das aus tiefer menschlicher Überzeugung gemacht, dass wir für etwas, was ein verbrecherisches Regime über unsere Heimat gebracht hat, wenigstens ein bisschen, wenn auch spät, Wiedergutmachung geleistet haben. Dazu stehen wir, und wir werden das auch überall so verteidigen, weil wir felsenfest davon überzeugt sind, dass das eine humane Tat war, zu der wir stehen können und auf die wir auch stolz sein können. (Beifall bei der ÖVP, der SPÖ und den Grünen.)

17.30

 


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