BundesratStenographisches Protokoll739. Sitzung / Seite 80

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13.43.51

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich dem allgemeinen Lob über den Außenpolitischen Bericht 2005 an­schließen, der von den Beamten des Bundesministeriums für auswärtige Angelegen­heiten wieder in hervorragender Art angelegt worden ist. Ich darf auch bitten, diesen Dank zu übermitteln.

Bei meiner letzten Rede zum Außenpolitischen Bericht 2004 habe ich eine Ergänzung angeregt, und die ist diesmal noch nicht berücksichtigt worden, dass man nämlich Grundsatzreden in einen Anhang gibt, damit man auch weiß, was die Intentionen der österreichischen Außenpolitik und selbstverständlich auch der Europapolitik sind.

Besonders erwähnenswert im Bericht, und damit bin ich wieder beim Lob, sind die Länderberichte und selbstverständlich auch der statistische Teil.

Nun zu den diversen Ausführungen zum Außenpolitischen Bericht. Leider ist Kollege Schennach nicht da, aber es steht ja dann in meiner Rede drinnen. Ich möchte doch auch für das Militär eine Lanze brechen, denn eines muss man mit Blick auf den Bal­kan schon festhalten: Hätte es die Einsätze der NATO und jetzt der Europäischen Uni­on in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo nicht gegeben, dann hätten sich dort die bürgerkriegsähnlichen Situationen beziehungsweise der echte Bürgerkrieg weiter fort­gesetzt. Das hätte zu wesentlich mehr Opfern geführt, als es sowieso schon gegeben hat. Ich darf nur daran erinnern, dass vor elf Jahren in Bosnien-Herzegowina das Mas­saker von Srebrenica stattgefunden hat. Bei den Gutmenschen ist es immer sehr be­liebt, zu sagen, man könnte doch das Geld für das Militär in die Wirtschaft oder in die Ausbildung investieren. In solchen Situationen, wie sie am Balkan waren, ist es aller­dings schon notwendig, dass dort zuerst das Militär mit einer robusten Streitkraft hin­eingeht. Nach einem Waffenstillstand kann man diesen Sektor wieder abbauen. In die­sem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, dass die Streitkräftestärken sowohl im Kosovo als auch in Bosnien-Herzegowina in der Zwischenzeit massiv reduziert worden sind. Auf Weiteres werde ich in einem späteren Teil meiner Rede noch eingehen.

Von Professor Konecny wurde über die Europaverfassung gesprochen. Hiezu wäre grundsätzlich anzumerken, dass 16 Länder die EU-Verfassung ratifiziert haben, sei es in Volksabstimmungen, sei es durch die Parlamente. Über diese 16 kann man auch nicht so hinweggehen. Hier wäre schon, und vielleicht gelingt das ja auch der deut­schen Präsidentschaft, ein Weg zu finden, dass doch die wesentlichen Intentionen in Kraft treten und wirksam werden können. Damit sind wir aber wieder in der Grundsatz­diskussion drinnen, die wir in der EU auch auf anderen Gebieten haben, nämlich bei den zwei Geschwindigkeiten. Es gibt Länder, die schneller voranschreiten wollen, und andere, die dann immer wieder als Bremser auftreten. Insbesondere das Einstimmig­keitsprinzip, das bei vielen Dingen in der EU gilt, ist natürlich ein entsprechender Bremsfaktor. Wenn ich etwas nicht will, findet sich schon jemand, der ein Veto einlegt. Daraufhin können die anderen, die Willigen nicht weiter voranschreiten. Daher setze ich auch die Hoffnung in die deutsche Präsidentschaft, die vielleicht einen Weg findet, wie Europa doch noch eine Verfassung bekommen könnte.

Als weiterer Problembereich ist die EU-Integration der Türkei angeschnitten worden. Es ist schon richtig, dass man der Türkei durch Jahrzehnte hindurch mehr oder weni­ger die Wurst vor die Nase hingehalten und diese dann immer im entscheidenden Mo­ment – um bei dem Beispiel zu bleiben – weggezogen hat. Nunmehr ist man in Ver­handlungen eingetreten, und hier muss ich schon grundsätzlich sagen, dass die Tür­ken mit der Europäischen Union das Ankara-Protokoll unterschrieben haben. Da steht eben drinnen, dass bestimmte Schritte seitens der Türkei zu setzen sind. Diese Schrit­te, zum Beispiel die Öffnung der Häfen für Schiffe, aber auch für Flugzeuge, sind nicht


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