BundesratStenographisches Protokoll739. Sitzung / Seite 84

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und Bürgern der Staaten des Balkans eine Perspektive auch in der Art und Weise ge­ben, dass wir es vor allem den jungen Leuten ermöglichen zu reisen. Das ist völlig rich­tig. Mehr als 70 Prozent aller Serben waren noch nie im westlichen Ausland. Auf der anderen Seite ist aus heutiger Sicht und wahrscheinlich mittelfristig auch zu bedenken, dass es natürlich auch andere Überlegungen gibt, die mit der Sicherheit zu tun haben, die mit unerwünschter illegaler Immigration zu tun haben, die mit Verbrechen zu tun haben und mit der Bekämpfung des Verbrechens. Hier muss eine Balance gefunden werden. Es ist aber wichtig, dass wir die Zukunft dieser Länder, also die jungen Leute, vor allem Studentinnen und Studenten, Schülerinnen und Schüler, verstärkt in einer Art und Weise behandeln, dass sie auch nicht die Illusionen verlieren.

Gerade hier hat sich Österreich in vorbildlicher Weise dafür eingesetzt, dass genau das geschieht. Wir sind eines jener Länder in der Europäischen Union, die sich besonders für die Visa Facilitation, also für Visa-Erleichterung einsetzen.

Ich erinnere daran – es war vielleicht auch nur eine Geste, Herr Bundesrat Schennach, aber es war eine schöne Geste –, dass am letzten Tag der österreichischen Präsident­schaft die Außenministerin in Belgrad mehrere hundert Visa sozusagen zur Verfügung gestellt hat, damit junge Leute mit ebenfalls zur Verfügung gestellten Eurorail-Pässen auch nach Europa, nach Westeuropa fahren können.

Ihre langfristige Vision, Herr Bundesrat Schennach, teile ich durchaus mit Ihnen. Die langfristige Vision nämlich, die allerdings auch eine langfristige ist, dass es ein freies Europa auch in dem Sinne gibt, dass sich die Bürgerinnen und Bürger frei bewegen können und dass eines Tages alle diese Länder bei der Europäischen Union sind, eines Tages alle diese Länder bei Schengen dabei sind. Das ist durchaus eine Vision, der ich etwas abgewinnen kann. Mittelfristig müssen wir jedoch die richtige Balance finden zwischen den notwendigen Sicherheitsinteressen unserer Bevölkerung und dem durchaus nicht zu leugnenden Bedürfnis der Menschen in diesen Ländern, zu reisen und die Segnungen der freien Demokratien auch in Anspruch zu nehmen.

Herr Bundesrat Konecny! Sie haben den Nahen Osten sehr ausführlich angesprochen. Ich müsste jetzt hier sehr viel dazu sagen, es ließe sich auch sehr viel dazu sagen. Ich teile Ihre Auffassung, dass der Nahe Osten eine Region ist, die gesamthaft gesehen werden muss, dass die Gefahr, dass die Konflikte ineinander fließen, durchaus gege­ben ist. Ich möchte auch den Libanon erwähnen – ich glaube, Sie haben ihn nicht er­wähnt –, weil er sicherlich auch ein Thema ist, das hier hineinspielt. Einer der Schlüs­sel, nicht der einzige Schlüssel, aber ein wichtiger Schlüssel, ist natürlich die Lösung des palästinensisch-israelischen Konfliktes. Die Europäische Union versucht hier, so gut sie kann und so gut es für letztlich ja Außenstehende möglich ist, positive Beiträge zu leisten.

Ich möchte hier schon auch darauf hinweisen, dass durchaus auch in Anknüpfung an eine österreichische Tradition – natürlich kommt mir auch Bundeskanzler Kreisky in den Sinn – eine aktive österreichische Nahostpolitik betrieben wird. Die Außenministe­rin war, wie Sie wissen, gerade jetzt wieder im Nahen Osten. Österreich hat sich wäh­rend der Präsidentschaft besonders bemüht, diesem Thema die entsprechende Bedeu­tung zu geben. Kommissarin Ferrero-Waldner bemüht sich sehr, hier auch einen Aus­gleich zu finden, also einerseits den Palästinensern die nötigen Mittel zur Verfügung zu stellen, andererseits aber auch die Prinzipien der Europäischen Union nicht zu verra­ten. Das sind schwierige Drahtseilakte. Hier ist natürlich letztlich auch die Einflussmög­lichkeit beschränkt, auch die der Europäischen Union, vor allem aber auch die eines Landes wie Österreich. Ich gebe jedoch all jenen Recht, die sagen, wir müssen es dennoch versuchen. Wir müssen eine aktive Politik betreiben, und ich denke, genau das tun wir auch.

 


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