BundesratStenographisches Protokoll739. Sitzung / Seite 85

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Die Frage Türkei ist von mehreren Sprechern angeschnitten worden. Ich vermag in der Position der Außenministerin, wie sie jetzt erst wieder vertreten worden ist, und in den Äußerungen, die dazu auch von der Regierungsseite gemacht werden, keinen Bruch zu erkennen. Es ist eine konsequente Haltung seit dem 3. Oktober 2005. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach.)

Herr Bundesrat Schennach! Ich verstehe Ihren Einwand nicht ganz, dass diese, wie Sie sie nennen, anti-türkische Haltung schon aus dem Vorwort zu erkennen sei. Da ist ein einziger kurzer Absatz über die Türkei enthalten und da steht – ich zitiere nur einen Satz –: „Auch die Türkei ist politisch, wirtschaftlich und strategisch ein wichtiges Part­nerland, das wir möglichst eng an Europa anbinden wollen.“ Ich halte das für eine ge­radezu pro-türkische Äußerung, und ich kann Ihnen versichern, ich habe das x-mal selbst erlebt. Nicht nur mir gegenüber, aber insbesondere auch der Außenministerin gegenüber ist der türkische Außenminister äußerst dankbar auch für die sehr konstruk­tive Haltung, denn Österreich hat immer mit offenen Karten gespielt, und ich glaube, das ist richtig. Österreich hat immer gesagt: Es ist uns wichtig, dass sich die Türkei möglichst an den Werten Europas orientiert. Das ist in unserem strategischen, außen­politischen, politischen Interesse.

Wir müssen die beste Strategie finden, um das sicherzustellen. Die beste Strategie ist nicht notwendigerweise am Ende eines möglicherweise, sogar sicher sehr langen Pro­zesses, dessen Ausgang ungewiss ist, zu finden, sondern es ist wichtig, dass wir jetzt auch durch die Verhandlungen erreichen, dass dieses Land Fortschritte macht, die es diesem Land auch erlauben, sich enger an Europa anzuschließen.

Ich darf daran erinnern, dass es Österreich, unter österreichischem Vorsitz war, dass die ersten zwei Kapitel der Verhandlungen eröffnet und wieder geschlossen wurden. Man hat uns damals vor allem auch innenpolitisch vorgeworfen, warum das ausgerech­net unter österreichischem Vorsitz geschehen muss. Wir sind das, was man einen honest broker nennt und haben bona fide diese Verhandlungen begonnen.

Es ist auch wichtig, dass die Verhandlungen weitergehen. Es ist ja nicht so, dass die Außenministerin einen totalen Abbruch der Verhandlungen verlangt hätte. Es war ein vernünftiger Vorschlag, der auf den Vorschlägen der Kommission basierte und sich an diesen orientiert hat. Die Kommission war es, die vorgeschlagen hat, jene acht Kapitel nicht auf Eis zu legen oder zu suspendieren, die sich mit der Frage des Handels mit Zypern befassen. Ich halte das für eine sehr vernünftige Position, und Österreich und die österreichische Außenpolitik werden mit Sicherheit diesen Weg weitergehen.

Dass Zypern eindeutig Europa ist, ist schon deswegen unbestritten, weil ja nach Arti­kel 49 des Vertrages über die Europäische Union nur europäische Länder der Europäi­schen Union beitreten können.

Selbstverständlich gilt der Grundsatz Pacta sunt servanda für beide Seiten. Er gilt für die Türkei, natürlich aber auch für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das heißt, auch die Union muss ihre Versprechungen, ihre vertraglichen und sonstigen Ver­pflichtungen einhalten. Das gilt selbstverständlich auch für Zypern.

Herr Präsident! Ich darf meine Unterlagen zu Rate ziehen. Es waren doch sehr viele Themen, wofür ich natürlich sehr dankbar bin. – Südtirol wurde wiederholt erwähnt, wofür ich auch sehr dankbar bin. Südtirol beschäftigt mich auch in meiner eigenen Karriere – auch als Völkerrechtler – schon sehr lange.

Ich möchte hier eines klipp und klar sagen, und das bedarf eigentlich keiner eigenen Erwähnung: Österreich ist nicht nur politisch, sondern auch in einem völkerrechtlich verpflichtenden Sinne Schutzmacht, und das unabhängig davon, ob das noch irgendwo besonders verankert wird oder nicht. Österreich ist schon auf Grund des Pariser Ver-


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