BundesratStenographisches Protokoll741. Sitzung / Seite 26

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gilt auch für Gerichtshofpräsidenten wie den Herrn Jabloner, der sozusagen eine Ferndiagnose gestellt hat, ohne zu wissen, wovon er redet. Heute muss er sich vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes belehren lassen, dass die Dinge einfach falsch gesehen worden sind.

Wo liegt jetzt das Problem, und worum bitte ich Sie, dass wir auch bei der Konsens­suche unsere Schwerpunktsetzung hin orientieren sollten? Im Jahre 2001 wurde das Volksgruppengesetz vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Das können wir nicht reparieren, dass er es aufgehoben hat, obwohl er dann sein Erkenntnis, mit dem er das Gesetz aufgehoben hat, auch wieder aufgehoben hat. Also ein größeres Chaos hat es in der Rechtssprechung der Höchstgerichte in Österreich überhaupt noch nie gegeben. Und jetzt ist das Volksgruppengesetz aufgehoben, wo genau dieser Prozentsatz drinnen gewesen ist, der die Grundlage für Ortstafeln ist. Dort, wo 25 Prozent slowe­nische Minderheit sind, sollten zweisprachige Ortstafeln kommen. Das hat er aufge­hoben!

Und der Verfassungsgerichtshof sagt, er ist der Meinung, dass über einen längeren Zeitraum der Minderheitenprozentsatz in einem Gemeinde- und Ortsgebiet 10 Prozent betragen soll. Das ist aber seine persönliche Ansicht. Das ist rechtlich nicht verbindlich. Denn nur der Spruch eines höchstgerichtlichen Erkenntnisses ist verbindlich, nie die Begründung! Wenn man jetzt diese Begründung aber trotzdem als Maßstab nehmen wollte, dann muss man sagen, der Verfassungsgerichtshof hat einen folgenschweren Fehler begangen, denn er hat diese 10 Prozent dort festgestellt, wo er auf Grund der Volkszählungsergebnisse der letzten Jahre nicht nur Angaben gewertet hat, wo sich jemand als slowenischsprachig bezeichnet hat, sondern wo auch Doppelbezeich­nungen gemacht worden sind in der Volkszählung, wo jemand gesagt hat, ich kann Deutsch und ich kann Slowenisch. Und automatisch hat man die, die Doppelnen­nungen gemacht haben, der Minderheit zugezählt. Das ist absolut unzulässig! Das ist auch menschenrechtswidrig! Denn Österreich ist im Jahre 1998 auch dem Rahmen­übereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten beigetreten, Bundesgesetzblatt III Nr. 120/1998, wo im Artikel 3 drinnen steht:

„Jede Person, die einer nationalen Minderheit angehört, hat das Recht, frei zu entscheiden, ob sie als solche behandelt werden möchte oder nicht.“

Und im Artikel 1 heißt es, Rechte aus diesem Rahmenübereinkommen seien Bestand­teil der Menschenrechte.

Und im Staatsvertrag steht vor dem berühmten Artikel 7 auch ein Artikel 6. Und dieser Artikel 6 beinhaltet, dass sich Österreich zur Einhaltung der Menschenrechte verpflich­tet. Also logischerweise ist Österreich auch verpflichtet, dieses Rahmenüberein­kommen einzuhalten. Es kann niemand gegen seinen Willen verpflichtet werden, einer Minderheit zugezählt zu werden, wenn er nicht selbst sagt: Jawohl, ich will dazu­gehören!, denn das wäre ja sonderbar.

Bei dieser Volkszählung sind ja noch mehrere Dinge drinnen. Da steht drinnen: Deutsch, Burgenländischkroatisch, Kroatisch, Tschechisch, Ungarisch, Türkisch bei­spiels­weise. Ja wenn sich in Wien jemand dazu bekennt, deutsch- und türkisch­sprachig zu sein, wird er ja deshalb nicht als Türke bezeichnet. Und wenn sich jemand als deutsch- und tschechischsprachig bezeichnet, ist er ja nicht automatisch ein Tscheche. Und wenn er sich als kroatisch bezeichnet, gilt er eher als Kroate und nicht als burgenländischer Kroate, weil ja differenziert worden ist. Also das Thema ist komplexer, als manche glauben.

Daher, sage ich, sollten wir auch das Rahmenübereinkommen ernst nehmen, zu dem sich Österreich verpflichtet hat. Da steht nämlich drin: „Die Republik Österreich erklärt, daß für sie unter dem Begriff ,nationale Minderheiten‘ ... Gruppen österreichischer


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