BundesratStenographisches Protokoll741. Sitzung / Seite 29

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fuß hat, und das ist die Forderung der Funktionäre der Slowenen-Organisationen, eine sogenannte Öffnungsklausel zu bekommen. Das heißt, man macht ein Verfassungs­gesetz, einigt sich auf eine bestimmte Anzahl von Ortstafeln, und weil es ein Verfas­sungsgesetz ist, gibt es keine Anfechtung mehr vor dem Höchstgericht, es sei denn, jemand geht, weil er sich falsch zugeordnet fühlt, zu den Slowenen zugeordnet fühlt, zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Der ist höherwertig. Auch dieses Verfahren ist anhängig.

Aber wir haben jetzt ein Verfassungsgesetz beispielsweise. Dann wollen die Slowenen, dass es eine Öffnungsklausel gibt. Und diese Öffnungsklausel heißt, dass 10 Prozent der Bevölkerung in einer Gemeinde einen Antrag auf zweisprachige Ortstafeln stellen können, und da kann die Gemeinde nicht mehr mitreden, und da kann das Land nicht mehr mitreden, sondern es muss die Bundesregierung ein Verfahren einleiten. Und das wird nicht funktionieren. Das ist weder im Sinne eines gelebten Föderalismus noch im Sinne der Stärkung des friedlichen Zusammenlebens, weil jeder weiß, der unten zu Hause ist, dass das Leben zwischen der Bevölkerung in Wirklichkeit konfliktfrei ist, aber in dieser Frage, wo es darum geht, dass nationalistische Kräfte auf der Slowenen­seite sozusagen wieder die alten Gefahren, die Urangst der Kärntner mobilisieren wollen, dass sie schnell fahren, damit sie ein Territorium zeichnen, dass man in den Schulatlanten wieder Gebietsansprüche entsprechend releviert, die eigentlich der Vergangenheit angehören sollten, sollte man diese Dinge ernst nehmen und daher eine vernünftige Lösung anstreben.

Da es jetzt eine sozialdemokratisch geführte Bundesregierung gibt und der amtierende Bundeskanzler immer sagt, er hält viel von Bruno Kreisky, gehe ich einmal davon aus, dass er auch die Erfahrungen, die Kreisky im Jahre 1976 mit der Lösung der Volks­gruppenfrage gemacht hat, zur Grundlage macht. Denn es sind noch viele Akteure, die Kreisky damals beraten haben, im Amte. Herr Dr. Adamovich ist zwar nicht mehr Verfassungsgerichtshofpräsident, aber er ist Berater des österreichischen Bundesprä­sidenten. Er hat damals Kreisky zu diesem Schritt geraten. Er hat, wenn Sie die Dokumente der Ortstafelkommission hernehmen, Kreisky überzeugt, dass es eine geheime Ermittlung der Muttersprache geben sollte.

Und Professor Ermacora, der uns allen noch in guter Erinnerung ist, auch als lang­jähriger Parlamentarier, hat ebenfalls einen wichtigen Beitrag geleistet. Er hat gesagt, international ist eine 25-Prozent-Klausel absolut fair und in Ordnung.

Mag sein, dass sich in der Zwischenzeit diese Standards geändert haben. Trotzdem, zwischen 5 und 25 Prozent liegt die Gestaltungsfreiheit des Parlaments. Und dort muss sozusagen der politische Konsens erarbeitet werden. Vielleicht kann man gerade diese Personen wie etwa den Professor Adamovich, der ja noch funktionsfähig zur Verfügung steht, einbinden und ihn an seine eigenen Dokumente in der Ortstafelkom­mission, seine Beratungsprotokolle, seine Empfehlungen an den damaligen Bundes­kanzler erinnern. Und dann wird es leicht sein, eine neue geheime Minderheiten­ermittlung oder muttersprachliche Erhebung, wie immer, durchzuführen, die letztlich eine auch europäisch akzeptierte Grundlage ist. Denn das, was in Slowenien im Jahre 2003 möglich war, muss in Kärnten oder in Österreich auch möglich sein. Ich darf mich daher bedanken, dass Sie auch dieses Thema – für Sie sicherlich kein Hauptthema bei einer Regierungserklärung – zur Kenntnis genommen haben, dass es vielleicht manchen gibt, der sagt: Eigentlich habe ich die Geschichte immer anders gesehen (Bundesrat Konecny: Geduldig angehört!), dass es aber, lieber Kollege Konecny, auch die Möglichkeit geben muss, ein bisschen die Realität zur Kenntnis zu nehmen. Das ist schon einmal sehr wichtig.

Denn eines ist schon klar: Dass wir diese Debatte auch heute noch engagiert führen, hat damit zu tun, dass es sehr, sehr finstere Zeiten für Österreich gegeben hat. Als im


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