BundesratStenographisches Protokoll741. Sitzung / Seite 38

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Ich würde – in Analogie – sagen: Reden wir in dreieinhalb Jahren weiter! Es wird auch das stattfinden, was in der heutigen Erklärung des Bundeskanzlers zum Ausdruck gekommen ist: dass es eben eine andere Handschrift in der österreichischen Regie­rungspolitik gibt. Ihre Zweifel in allen Ehren, aber wenn Sie ehrlich sind, werden Sie in dreieinhalb Jahren diese Zweifel als überwunden beiseite räumen müssen.

Dabei ist eines klar: Diese Wahlen haben jenes Ergebnis erbracht, das wir alle kennen. Es hat kein Mandat – bei weitem kein Mandat! – für die Fortsetzung der bisherigen Regierungspolitik gegeben. Aber es hat auch kein mehrheitliches Mandat für einen vollkommenen Bruch durch eine Regierung völlig anderer Zusammensetzung gegeben.

Daher ist jene Lösung, die mühsam genug gefunden werden konnte, naturgemäß ein Kompromiss, der weder den völligen Bruch noch den völligen Neuanfang noch das Überwiegen des Weiterbetreibens einer bestimmten Politik beinhalten kann. Es ist der Versuch, Gemeinsames zu finden – was nach den letzten sieben Jahren sicherlich nicht ganz so einfach war. Es ist von unserer Seite zu registrieren, dass nicht in jedem Fall unsere Bedenken, die wir seinerzeit einem Gesetzgebungsvorhaben entgegen­gebracht haben, berechtigt waren; und es ist von Seiten der ÖVP zur Kenntnis zu nehmen, dass nicht alles, was sie auf den Weg gebracht hat, auch zu einem Ziel geführt hat.

Auf dieser Basis hat es mühsame, schwierige und natürlich kompromissorientierte Verhandlungen gegeben. Daher gibt es in diesem Regierungsprogramm selbst­verständlich Komponenten, in denen die Politik der bisherigen Bundesregierung fortge­schrieben wird – wie denn nicht! –, und darüber mag sich im Einzelfall die Begeiste­rung auf unserer Seite in Grenzen halten; das werden Sie uns zubilligen. Überdies gibt es Bereiche, in denen weitestgehend eine Veränderung vorgenommen wird, und ich habe volles Verständnis dafür, wenn Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP darüber nur eine gemäßigte Begeisterung empfinden.

Darüber hinaus gibt es Bereiche – und das sind sicherlich die wertvollsten, um es ganz deutlich zu sagen –, in denen letztlich ein gemeinsamer Ansatz entwickelt wurde. Ich verweise dazu ausdrücklich auf die Staatsreform, von der der Herr Vizekanzler ge­sprochen hat; hier ist eine lange Debatte geführt worden, der Konvent hat dazugehört.

Dieses Haus interessiert es naheliegenderweise auch in besonderem Maße, weil es ja nicht nur um das Haus des Bundes geht, sondern um das gemeinsame Haus – die Gesamtrepublik –, in dem Gemeinden, Bundesländer und der Bund unterkommen müssen. Die Frage, welche Kabinette man gegen welche anderen austauschen kann oder ob die Stockwerke richtig angeordnet sind, ist im Detail zum Teil diskutiert worden – durchaus mit Ergebnissen –, zum Teil ist diese Diskussion noch zu führen.

Wir hoffen sehr darauf und bieten unsere konstruktive Mitarbeit dabei im besonderen Maße an, weil wir ja hier auch in einer Mittler- und Zwischenrolle sind. Wir sind nicht die Sprachrohre von Landeshauptleuten – wobei ich gar keinen bestimmten meine, sondern alle –, wir sind aber auch nicht die Exekutivorgane von Parteisekretariaten, die den Ländern mitzuteilen haben, dass sie uns nicht dreinreden sollen, wenn wir uns schon längst einig sind.

Das ist eine schwierige Rolle – das erfährt jeder von uns am eigenen Leib –, und diese Rolle müssen wir nicht nur aushalten – das ist ohnedies selbstverständlich –, sondern wir haben aus ihr auch etwas gelernt, von dem ich glaube, dass es in den Bereich der Staatsreform eingehen kann.

Die Akzente, die neu sind, die Akzente, die die Sozialdemokratie eingebracht hat, sind natürlich jene, die uns in besonderem Maße begeistern und für die wir uns engagieren


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