BundesratStenographisches Protokoll741. Sitzung / Seite 56

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Ein paar herausragende Unterschiede gleich zu Beginn: Es macht einen riesigen Unterschied, welche Personen die Parteien repräsentieren, und ich verhehle nicht: Die Unzufriedenheit in meiner eigenen Organisation war nach der Präsentation des Regierungs­programms nicht gering. Sie hat sich allerdings gewaltig reduziert, als die Personen präsentiert wurden, weil Personen mit einer Aufgabe betraut wurden, die Hoffnungsträger sind. Und, liebe Frau Gesundheitsministerin, ich wünsche mir noch viele offene Worte. Hoffentlich kommen Sie nicht irgendwann zur Erkenntnis, dass Sie sich in der falschen Partei befinden. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Bundesministerin Dr. Kdolsky: Sicher nicht! Blau-Gelb!)

Ein signifikanter Unterschied ist die Herangehensweise. Beim Finden des Regie­rungsprogramms haben die Sozialpartner wieder eine Rolle gespielt und man beschreitet einen Weg der Suche nach Konsens auf breiter Ebene und verlässt den Weg des „Speed kills“. Es wurden nicht nur Überschriften korrigiert, sondern auch neue Zielsetzungen gefunden und der Fokus wird anders gelegt. Es finden sich im Regie­rungsprogramm jetzt Begriffe wie „Armutsbekämpfung“, „soziale Ausgewogen­heit“. Es bleibt im Wesentlichen zu wünschen, dass im Laufe der Regierungsperiode noch größere Entwürfe heranwachsen. Vor allem vom konservativen Regierungs­partner wünsche ich mir im Bildungs- und Wirtschaftsbereich das Aufgeben der Dogmen.

Ich erwähne nur ein Dogma, dass in der letzten Legislaturperiode eine gewaltige Rolle gespielt hat, nämlich die Verteufelung der Schulden. Ich zeige hier einen Artikel aus der „Zeit“, die ist unverdächtig: „Schulden sind wieder schön. 2007 ändert sich die Börsenmode“. Verschlafen wir nicht eine internationale Entwicklung, die darauf hinaus­läuft, dass Schulden auch Investitionen in die Zukunft sind und, ja, wenn sie richtig investiert sind, also zum Beispiel im Bereich der Bildung oder der Infrastruktur, dann sind sie der Wohlstand von morgen. (Ruf bei der ÖVP: Wie bei der BAWAG, nicht?) Das sollten wir dazulernen.

In der Wirtschaftspolitik ist grundsätzlich zu bemerken, dass es zu keinem Kurswechsel in der Budgetpolitik gekommen ist. Der vereinbarte Privatisierungsstopp bei Post und Telekom kann von mir im Übereinkommen leider nicht gefunden werden. Positiv ist, dass ein ausgeglichener Haushalt nur über die Konjunkturzyklen hinweg konzipiert wird und Defizite in der Höhe von Investitionen dezidiert gemeinsam vereinbart wurden.

Eine Frage an den Sozialminister. Die Verlängerung der Hacklerregelung ist zu begrüßen. Sie bedeutet eine leichte Entschärfung der Pensionskürzungen, das ist klar. Dazu aber gleich eine konkrete Frage: Was ist mit jenen, die kein Vertrauen in die Kraft der Veränderung gehabt und Versicherungszeiten nachgekauft haben, um in die Hacklerregelung hineinzukommen? Das sind doch einige tausend, wie mir gesagt wurde. Die haben auf das falsche Pferd gesetzt, haben sich jetzt doppelt abgesichert und viel Geld ausgegeben. Ich meine, an die sollte man denken, wenn man an die Arbeit geht.

Im Bildungsbereich ist Frau Claudia Schmied eine große Hoffungsträgerin nach Jahren des Gesundredens. Es gibt sicher, wie die Zukunftskommission ergeben hat, Anknüp­fungspunkte, aber vor allem von der ÖVP wünsche ich mir, dass sie über ihren ideologischen Schatten springt und sich ein Beispiel nimmt, etwa an der CDU in Hamburg. Hamburg macht es vor: neuer Schultyp für Deutschland. Hamburg schreibt dieser Tage Bildungsgeschichte. Die regierende CDU hat etwas gewagt, was vor kurzem noch undenkbar war, sie hat sich vom dreigliedrigen Schulsystem verab­schiedet, in der Erkenntnis, dass das dreigliedrigen Schulwesen sozial sehr ungerecht ist. Dort ist man über den Schatten gesprungen und hat neben dem Gymnasium, das mittlerweile zur Gesamtschule gewachsen ist, einen neuen Schultyp etabliert, eine so genannte Stadtteilschule, in der die Kinder wesentlich mehr Zeit zum Lernen der Grundkenntnisse haben, sodass niemand auf der Strecke bleibt.

 


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