BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 57

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die Gesellschaft und für ihre Institutionen. Wenn ich heute am Morgen gehört habe, Frau Bundesministerin, dass aufgrund dieser dramatischen Familienumstände in Gra­mastetten bereits in 14 Tagen eine Gesetzesmaterie in Begutachtung geht, dann kann ich nur sagen: Bitte, bitte nicht!

Ich finde es großartig, dass Sie das Versagen aller Ämter einmal einbekannt haben, dass Sie, wenn auch nicht ressortzuständig, gesagt haben, es ist klar, hier liegt ein generelles Versagen vor; aber versuchen wir jetzt nicht, ganz schnell irgendwelche Lösungen zu finden, ohne eine tatsächliche Fehleranalyse vorzulegen!

Wie kann es denn etwa sein, dass die Schulbehörde dermaßen gravierend versagt? Was ist denn mit den BHs in Oberösterreich los, wenn ich an den Fall jenes Bezirks­hauptmannes denke, der erst vor wenigen Wochen im Fernsehen und Gegenstand von Meldungen war, dem nicht einmal auffällt, dass es wilde neonazistische Umtriebe in seinem Wirkungsbereich gibt, und der sogar sagt, er war dort und hat nichts gehört und nichts gesehen? Was war los, wenn ein Kind dieser Familie nur den Schulrayon, also den Bezirk wechselt, dass das außer Acht gerät, sodass im Grunde alles von Neuem startet?

Frau Bundesministerin! Bei einer Sache Ihrer Antwort bin ich nicht ganz sicher, dass Sie hier über das notwendige Gesamtdokument verfügen. Das Pflegschaftsgericht, Frau Bundesministerin, hat einen Wahrnehmungsbericht der Jugendwohlfahrt im Mai 2001 erhalten, einen dramatischen Wahrnehmungsbericht im Mai 2001, und die Maßnahmen, von denen Sie uns erzählt haben, beziehen sich auf die Jahre 2005 und 2006. Da liegen vier lange Jahre dazwischen, und da soll auch das Pflegschaftsgericht nachdenken, was es mit einem dramatischen Wahrnehmungsbericht gemacht hat.

Ich verstehe, es geht hier um eine Familie, und ich verstehe, dass es hier einen beson­deren Schutz der Vertraulichkeit gibt, aber von diesem Fall der Wahrnehmung haben Sie uns heute nichts gesagt, und ich denke, dass Sie als Amtsträgerin schon veran­lassen sollten, dass man sich das noch einmal anschauen sollte, was hier eigentlich los gewesen ist.

Selbst aus dieser Mischung kommend – sowohl für Ihr Ministerium tätig zu sein, aber auch aus der Sozialarbeit kommend –, meine ich, man ist manchmal sprachlos, dass es eines Tierarztes bedarf, dass das Ganze beendet wird, dass dieses unfassbare Leid beendet wird. Es ist ein völliges Versagen zum Beispiel – liebe Bürgermeister und Bür­germeisterinnen, die ihr anwesend seid, ihr mögt mir das verzeihen – eines Bürger­meisters, eines Bürgermeisters, der offensichtlich keine Handlungsnotwendigkeit er­kennt.

Bei dieser Frage, bei der sich die Frau Bundesministerin der Aussage entzogen oder gesagt hat, dazu kann sie nichts sagen, müssen wir uns in der Justiz schon auch vor­stellen – und ich merke das als Bewährungshelfer ja auch immer wieder und wieder –, wie unterschiedlich es auch in der Wahrnehmung der Gerichte oder bei Ämtern ist, was die Herkunft betrifft. Möglicherweise kommt hier ein Sammelsurium zusammen – alles kann man nicht gesetzlich regeln, das weiß ich schon, es wird immer und immer wieder Fälle geben, wo wir uns damit zu befassen haben –, aber trotzdem kommt es mir gera­de im Justizbereich immer wieder so vor, als würde die Herkunft oder der gesellschaft­liche Status sehr wohl etwas mit den Auswirkungen und mit der Vorgangsweise der Behörden – ob sie schnell oder weniger schnell arbeiten, ob sie engagiert oder weniger engagiert arbeiten – zu tun haben.

Ich möchte eines nicht: dass der von mir sehr geschätzte Journalist Hans Rauscher recht bekommt, der im „Standard“ schreibt:

 


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