BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 58

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„Der Apparat – Wird da jetzt jemand hinausgeschmissen? Wird da jetzt jemand ver­setzt? Oder kriegt da jemand wenigstens einen dicken Verweis in die Personalakte? Wahrscheinlich nicht. Das bürokratische Sperrfeuer, das im Fall der haarsträubend ver­wahrlosten drei Mädchen vom Linzer Pöstlingberg geschossen wird, trommelt bereits auf uns ein.“ Alle hätten „das Menschenmögliche getan“.

Ich glaube, Frau Bundesministerin, es zeigt sich, dass wir in Ihrem Wirkungsbereich und in dem des anderen Bundesministers beziehungsweise der Bundesministerin – die wir ja heute dazu gar nicht befragen können, da wir erst heute das Bundesministerien­gesetz beschlossen haben; die Frau Bundesministerin Kdolsky wäre erst ab nächster Woche in dieser Funktion befragbar, und deshalb danken wir auch, dass Sie hier so offen und zu allem Stellung genommen haben – dringend eine Fehleranalyse brauchen und wirklich hineinschauen müssen in das System. Vor allem diesen Modellversuch der Kinderbeistände, von dem Sie heute und auch in den letzten Tagen gesprochen haben, halte ich für ganz besonders wichtig.

Ich bin bei einer Antwort von Ihnen nicht ganz sicher. Ich bin sehr oft – von der ande­ren Seite – am Gericht, und ich frage mich, ob die psychosoziale Dimension jener, die dann urteilen, wirklich in der Weise gegeben oder vorhanden ist oder die Bereitschaft dazu gegeben ist, wie wir sie eigentlich wünschen. Es gibt ganz, ganz tolle Richter und Richterinnen, die wirklich im vollen Wissen der psychosozialen Dimension sogar das Gesetz dehnen zugunsten dieser Dimension, wie es schon fast nicht mehr zu dehnen ist, aber es gibt welche, die das auch komplett missachten. Deshalb glaube ich, hier gehört – und ich bin sehr froh, das von Ihnen gehört zu haben – einfach auf die Weiter­bildung und überhaupt auf die Bewusstseinsschärfung noch wesentlich mehr Wert ge­legt.

Was hier in diesem Zusammenhang besonders auffällig ist, ist auch die Rolle des Vaters. Das ist keine politische Rolle, aber sie befasst uns natürlich alle. Immer wieder werden wir auch in der Politik damit konfrontiert, dass Väter über die schleppende Um­setzung auch ihrer Rechte klagen. Es gibt Väter, die in eine Obsorgeposition kommen wollen. Sie haben schon recht, es wird die Zukunft geregelt, aber mir scheint trotzdem, dass gerade in den Fragen der Obsorge Verfahren, die über eineinhalb Jahre gehen, mindestens um die Hälfte zu lang gehen. Wir sind in einer Scheidungsgesellschaft, und wir müssen anerkennen, dass sich in dieser Scheidungsgesellschaft auch das Rollen­bild geändert hat. Es gibt immer mehr Väter, die auch eine Position haben wollen.

Was mit diesem Vater hier im Konkreten ist, da würde ich sagen, das muss sich der Vater wahrscheinlich noch woanders ausmachen, ob er wirklich diese Rolle ausgeübt hat, die man von ihm hier hätte erwarten dürfen.

Meine Damen und Herren! Halten wir fest – und ich glaube, das ist eine Diagnose, die einfach nur mehr erschüttert zur Kenntnis genommen werden kann –: Es ist hier alles zu spät, zu zögerlich, zu halbherzig, zu langsam, zu wenig engagiert geschehen. Zu wenig waren die Kinder, sondern mehr die Eltern im Vordergrund, und es war meiner Meinung nach auch eine mangelnde Bereitschaft vorhanden – etwa des Pflegschafts­gerichtes, aber auch der Jugendwohlfahrt und überhaupt der Schulbehörde –, in den Konflikt hineinzusteigen.

In diesem Sinne, sehr geehrte Frau Bundesministerin, danke ich Ihnen für die Modell­versuche, die Sie jetzt angehen werden. Ich danke Ihnen, dass Sie sich diesen Fall tatsächlich sehr zu Herzen nehmen, aber ich bitte Sie innerhalb der Bundesregierung: Schicken Sie jetzt nicht in 14 Tagen bereits etwas zur Begutachtung aus, sondern neh­men Sie sich gemeinsam mit der Unterrichtsministerin und mit der Familienministerin Zeit zu schauen: Wo sind die tatsächlichen Schwachstellen? Wo sind die tatsächlichen


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