BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 62

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Dramatische ist, dass wir hier von drei Mädchen sprechen, die für ihr Leben geschädigt sind. Die Experten sagen, ein normales Leben im üblichen Sinn werden diese Mäd­chen nicht mehr führen können.

Hier hat sich ein Drama über sieben Jahre gezogen, und im Gegensatz zu meinem Vorredner Baier bin ich schon der Meinung, dass man da hinterfragen muss: Wo waren denn da eigentlich die Behörden? – Sie sagen zwar, sie hätten, jede für sich, durchaus reagiert, aber offensichtlich zu wenig, keinesfalls effizient und offenbar nicht so, dass behördenübergreifend kommuniziert wurde, um ein solches Drama verhindern zu können.

In der Schule haben die Mädchen gefehlt. Die Mutter hat – das geht ja nach dem Ge­setz – die Kinder von der Schule abgemeldet. Selbst MitschülerInnen ist es aufgefallen, dass diese Kinder nie da sind. Man wusste, dass die vorgeschriebenen Externistenprü­fungen nur äußerst selten gemacht wurden, und trotzdem ist nichts passiert.

Einer meiner Vorredner hat es völlig richtig gesagt: Wenn heute ein Elternpaar seine Kinder zwei Tage von der Schule abmeldet, dann gibt es – ich glaube, in Tirol war das – eine Geldstrafe. Jetzt sage ich nicht, dass das grundsätzlich falsch ist, denn die Schule ist meiner Meinung nach zumindest auch ein Arbeitsplatz der Kinder, und wenn es Vorschriften gibt, dann sind sie auch einzuhalten. Die Sinnhaftigkeit von Vorschrif­ten kann man immer hinterfragen, aber wenn es sie gibt, müssen sie auch exekutiert werden. Aber die Verhältnismäßigkeit ist, wie so oft, eine nicht nachvollziehbare. Das muss man schon sagen. Eine Mitschülerin der einen Tochter hat angegeben, dass die Schulbehörde über die Problematik längst Bescheid wusste und trotzdem nicht gehan­delt hat.

In diesem Fall haben sogar offensichtlich Nachbarn nicht weggeschaut, wie das ja so oft der Fall ist, dass die Nachbarschaft so tut, als ob nichts wäre und als ob sie nichts wüsste. Hier dürften auch die Nachbarn aufmerksam gewesen sein, das auch ange­zeigt haben, aber letzten Endes ist alles beim Alten geblieben.

Und was ich als besonders frustrierend empfinde, muss ich schon sagen: Der Tier­schutz ist gleich da gewesen und hat geschaut, was es jetzt wegen der Tiere auf sich hat. Die sind immer sehr schnell. Bei Kindern ist dem nicht so. Es ist das ein Einzelfall in seiner Dramatik, hoffentlich ein Einzelfall, aber in vielen Fällen, wo es weniger dra­matisch zugeht, aber auch noch schlimm genug, ist die Jugendwohlfahrtbehörde nicht gleich da und schon gar nicht in der Effizienz, wie das oft der Tierschutz macht. Das soll jetzt keine Wertung sein, dass der Tierschutz das gar nicht machen sollte, aber wenn uns die Tiere mehr wert sind als die Kinder, dann stimmt in der gesamten Gesell­schaft etwas nicht.

Auch die Tatsache, dass die Mutter eine Juristin ist, hat offensichtlich dazu geführt, dass hier anders vorgegangen wurde, als es sonst üblich ist. Bei sozial schwächeren Familien ist man da doch etwas konsequenter, auch etwas rascher. Handelt es sich um Akademiker, ist man eher zurückhaltend, weil man sich vielleicht mit einer eloquenten Mutter nicht anlegen will oder weil man sich gar nicht vorstellen kann, dass in solchen Kreisen derartige Dinge möglich sind.

Der Vater, der versucht hat, sein Besuchsrecht durchzusetzen und auch die Kinder zu bekommen, ist, obwohl er selbst auch Jurist ist, gescheitert, und da kann man sich auch fragen: Warum eigentlich?

An dieser Stelle möchte ich schon sagen: Wir müssen auch hinterfragen, ob es richtig ist, dass man automatisch davon ausgeht, dass die Mutter der bessere Erzieher ist. In den meisten Fällen wird das wohl so sein, aber es gibt genügend Fälle, wo sich im Nachhinein herausgestellt hat, dass es doch besser gewesen wäre, die Kinder dem


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