BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 63

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Vater zu überlassen. Wir sollten nicht – auch nicht als Frauen oder vor allem nicht als Frauen – automatisch davon ausgehen, dass Väter grundsätzlich nicht geeignet sind, für das Wohl ihrer Kinder zu sorgen.

Was sind die Schlüsse, die daraus gezogen werden müssen? – Auf der einen Seite muss man jetzt genau schauen: Wie war die Chronologie? Wer hat wann was nicht ge­macht? Das gehört auf jeden Fall geklärt. Es gehört weiters auch eine Sensibilisierung vorangetrieben, wie es heute schon angesprochen worden ist – das sehe ich ganz ge­nauso –, und es muss dazu übergegangen werden, dass die einzelnen Stellen mitein­ander kommunizieren, dass nicht jeder in seinem eigenen Haus wohl Fehlleitungen entdeckt, aber nicht mit dem anderen darüber redet, damit man gemeinsam vorgehen kann – zum Wohle der Kinder.

Trotzdem wäre es jetzt aber der falsche Weg, sofort eine Anlassgesetzgebung auf die Schienen zu stellen und den Schluss zu ziehen, dass die Eltern generell viel mehr überwacht gehörten und dass bei Scheidungskindern die Zwangsbegleitung durch die Behörden verordnet und forciert werden muss. Wir wissen schon, dass in Scheidungs­fällen die Kinder oft als Druckmittel eingesetzt werden, oft auch von beiden Seiten, aber daraus den Schluss zu ziehen, dass wir jetzt von der Behörde her jede Familie zwangsbegleiten müssen, hielte ich für den falschen Schritt, weil wir damit unterstellen, dass Familien grundsätzlich überhaupt nicht geeignet sind, für ihre Kinder zu sorgen. Wir sehen einen dramatischen Fall, der sehr groß vor uns steht, aber man darf nicht davon ausgehen, dass das generell so ist.

Bei allem Bemühen – das müssen wir uns auch eingestehen – wird es menschliches Versagen immer geben. Das können wir leider nicht ganz ausschließen. Aber trotzdem muss man so vorgehen, dass einzelne Fälle, wo Auffälligkeiten bestehen, geprüft wer­den, auch bei den geringsten Verdachtsmomenten. Besser einmal zu viel kontrolliert als einmal zu wenig. Aber auf eine staatliche Bevormundung, so wie sie im Kommunis­mus üblich war, dürfen wir uns auch nicht einlassen.

12.56


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Kampl.

 


12.56.30

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Es ist wirklich ein unglaublicher Fall, der da passiert ist, aber mich macht noch etwas sehr betroffen: wenn Experten sagen, dass es in Österreich so viele Schattenfälle gibt bei Kindervergewaltigung, Missbrauch von Kindern und so weiter.

Frau Bundesminister! Das ist eine Situation, eine gesellschaftliche Entwicklung, die abgestellt werden muss. Warum das so ist, ist unbegreiflich, aber die Tatsachen spre­chen dafür, dass es solche Sachen gibt. Ich glaube, dass da viel Elend, viele un­glaubliche Situationen für Kinder sind, die später in unserer Republik die tragenden Menschen sein sollen.

Wenn wir heute von Missständen reden – jeden Tag lesen wir darüber in Österreich –, so ist das ein Problem. Frau Bundesminister, wie schaut die Wirklichkeit aus? – Die Wirklichkeit ist so, dass wir in der Gemeinde so ähnliche Fälle gehabt haben, die auf einer anderen Ebene liegen. Gymnasium, die anderen Schulen, Gendarmerie, alle ha­ben ein bisschen etwas gewusst, Frau Bundesminister, aber alle sind der Verschwie­genheitspflicht unterlegen und niemand hat eigentlich ausgepackt. Niemand! Bis es zum Bürgermeister gekommen ist, dann habe ich alle eingeladen, dann haben mir noch drei gesagt: Du, ich darf ja gar nicht reden! Wenn du uns einlädst, darf ich gar nicht reden!

 


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