BundesratStenographisches Protokoll742. Sitzung / Seite 66

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Ihre Bedenken diesbezüglich zerstreut hat, nämlich dass ich es gewöhnt bin, dass wir hier im Bundesrat Diskussionen führen, die nicht ins Polemische abgleiten. Das schätze ich an diesem Gremium. (Bundesrat Schennach: Beim Kollegen Bieringer weiß ich’s nicht!) Bei manchen hin und wieder, aber im Normalfall ist die Polemik hier herinnen relativ gemäßigt. (Bundesrat Bieringer: Ihre Fraktion ... Sitzung!) Das schätze ich an diesem Gremium, und ich hoffe, Herr Kollege Bieringer auch.

Der zweite Grund ... (Bundesrat Bieringer: ... eine einzige Polemik war das! – Bundes­rat Schennach: Aber nur über den ausgeschiedenen Minister Karl-Heinz Grasser!)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist Frau Kolle­gin Kerschbaum!

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (fortsetzend): Der zweite Grund ist, dass ich schon sehe, dass es hier wirklich Aufgaben gibt, die die Politik zu bearbeiten hat. Das ist auf der einen Seite dieses Zusammenspiel der Behörden, über das heute schon sehr viel gesprochen worden ist, die Möglichkeiten, etwas durchzusetzen und als Be­hörde wirklich aktiv zu werden.

Aber auf der anderen Seite ist es für mich schon auch noch ein Thema, wie der Rechtsstaat Eltern und ihre Kinder unterstützen kann, wenn die Eltern einfach Proble­me mit der Kindererziehung haben. Das ist eine Aufgabe, die nicht immer und nicht von jedem, nicht in jedem Zustand und in jeder Lage erfüllbar ist. Manche Leute sind in mancher Lage einfach überfordert mit dem Zusammenleben von Mutter, Vater und Kind, diesem normalen Familien-Zusammenleben, von dem Herr Kollege Baier vorhin geredet hat.

Da bekommt man relativ viele gute Tipps. Allein schon, wenn man zuerst zum Stan­desamt geht, sagt der Standesbeamte, wie du das machen sollst und deine Kinder er­ziehen sollst. Der Pfarrer sagt es dir noch einmal, wenn du das auch noch kirchlich er­ledigst.

Es ist aber nun einmal so, dass inzwischen jede dritte Ehe geschieden wird. In vielen Fällen – es war Kollege Baier, glaube ich, der vorhin so unglücklich darüber war –, denke ich, ist das auch sehr gut, denn es gibt auch Kinder, die darunter leiden, wenn Eltern sich nicht scheiden lassen. Das möchte ich schon auch hier betonen. Denn auch in nicht geschiedenen Ehen werden Differenzen zwischen den Eltern oft über die Kinder ausgetragen. Das habe ich persönlich schon miterlebt, und ich bin mir sicher, solche Fälle kennen Sie auch. (Beifall des Bundesrates Schennach.)

Dass man, wenn man sich scheiden lässt, nicht unbedingt mit Ratschlägen überhäuft wird, wie man denn jetzt die Kindererziehung gemeinsam erledigen kann, das ist mir leider auch bekannt. Auch ich bin geschieden, und das Einzige, was ich als Hinweis bekommen habe, ist: Brauche ich Unterhalt, brauche ich keinen Unterhalt? Wie ist das mit den Alimentationsregelungen? – Aber dass man als Elternteil wirklich auch Gesprä­che führen kann mit Menschen, die sich damit auskennen, wie man jetzt mit den Kin­dern umgeht, und von denen man auch darauf hingewiesen wird, dass man Kinder nicht als Mittel zum Zweck einsetzen soll, daran mangelt es meiner Meinung nach ein bisschen.

Wir haben uns damals, als wir uns haben scheiden lassen, selbst eine Mediation ge­leistet. Das hat nicht wenig gekostet; wir haben es uns leisten können, das kann sich aber nicht jeder leisten. Da möchte ich schon auch ein bisschen darauf hinweisen, dass man an Informationen – und das sind auch Informationen – in der Hinsicht ein­fach viel zu wenig bekommt, um eben darauf einzugehen, wie Eltern mit den Trennun­gen umgehen.

Es ist auch so, dass Eltern ihre Kinder manchmal als Privatbesitz betrachten, und dass sie gegenüber ihrem Ex-Partner diesen Privatbesitz dann als Erpressungsmittel einset-


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