BundesratStenographisches Protokoll743. Sitzung / Seite 18

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Ich habe den tschechischen Ministerpräsidenten zweimal darauf hingewiesen, dass es erstens diesen Entschließungsantrag gibt und dass zweitens die Bundesregierung diesem Entschließungsantrag entspricht, indem wir diese Prüfung durchführen werden, sodass Tschechien daher mit einem Ergebnis dieses Prüfungsverfahrens wird rechnen müssen.

Ich brauche Ihnen nicht zu sagen – Sie kennen die Situation in Tschechien sehr gut –, dass ein Großteil der tschechischen Politik sehr atomenergieaffin ist und viele der Dis­kussionen, die wir hier führen, dort nicht nachvollzogen werden.

Wie es überhaupt so ist, dass wir auf diesem Sektor fast die letzten Mohikaner sind. Auch beim Europäischen Rat in Brüssel, wo es eine Diskussion dazu gegeben hat, musste ich verhindern, dass Kernenergie nicht überhaupt gleich als erneuerbare Ener­gie anerkannt wird. Sie wissen, dass in der Europäischen Union als erneuerbare Ener­gie im Wesentlichen Wasser, Wind, Solarenergie, Biomasse und Biothermik anerkannt sind, aber in der Tat haben Frankreich und andere gemeint, man sollte doch auch die Nuklearenergie als erneuerbare Energie werten. Es stimmt zwar, das der CO2-Ausstoß durch Nuklearenergie verringert wird, aber natürlich ist sie, wie wir alle wissen, alles andere als erneuerbar.

Bei dieser Diskussion habe ich festgestellt, dass unsere Position, hier sehr klar gegen den Ausbau der Kernenergie vorzugehen, von Romano Prodi und von Bertie Ahern, also vom italienischen und vom irischen Ministerpräsidenten, unterstützt wurde, aber das war’s dann auch schon. Das heißt, wir stellen fest, dass es in Europa leider eine Renaissance der Kernenergie gibt, dass Länder, die aussteigen wollten, den Aus­stiegszeitpunkt verschieben, dass Länder, die Atomkraftwerke haben, wieder neue bauen. In Finnland ist gerade der Beschluss gefasst worden, dass sie ein sechstes Atomkraftwerk bauen wollen zusätzlich zu den fünf, die sie schon haben. Es gibt natür­lich auch Länder, die bisher keine Atomkraftwerke hatten, wo es jedoch vor dem Hin­tergrund der Versorgungssicherheit Überlegungen gibt, in diese Technologie einzustei­gen.

Ich muss sagen, ich kann das nur schwer nachvollziehen, denn gerade, was die Si­cherheit betrifft, hat sich in den letzten dreißig Jahren wenig geändert. Sie wissen selbst, dass die Frage der Endlagerung genauso ungeklärt ist wie vor 30 Jahren. Die Diskussion um das Schweizer Endlager zeigt das ganz, ganz deutlich.

Zum Zweiten: Unabhängiger in der Energieversorgung wird man auch nicht, denn wenn heute darüber diskutiert wird, dass wir auf Grund der Eröl- und Erdgaslieferun­gen zu stark von Russland abhängig sind, muss man sagen, dass es bei Uran noch viel fokussierter ist. 60 Prozent des gesamten Urans kommen aus Russland, das heißt, hier ist die Abhängigkeit von einem einzelnen Lieferanten noch größer, als das bei anderen Ressourcen der Fall ist.

Daher glaube ich nach wie vor, dass die Renaissance der Kernenergie ein Irrweg ist, aber wir müssen sehen, dass wir alle da einen schweren Stand haben und nicht nur in Tschechien, sondern auch in anderen Staaten unsere Argumente nicht sehr nachvoll­zogen werden.

 


Präsident Manfred Gruber: Danke schön, Herr Bundeskanzler.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Konecny zu Wort gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Bundeskanzler! Sie haben zum Kernkraftwerk Temelίn und zur Atomkraftpolitik die relevanten Gesichtspunkte gesagt. Es gibt aber darüber hinaus natürlich auch die Fragestellung, inwieweit Sie den Ein­druck gewonnen haben, dass die tschechische Seite bereit ist – so wie hoffentlich auch


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