BundesratStenographisches Protokoll743. Sitzung / Seite 19

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die österreichische, wovon ich ausgehe –, diesen realen Interessengegensatz und ‑konflikt so zu behandeln, dass auf anderen Gebieten die Zusammenarbeit dadurch nicht beeinträchtigt wird.

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Herr Bundesrat, das ist eine ganz wichtige Frage, denn es wäre schon ein Problem, wenn sich das Verhältnis von zwei Nachbar­ländern fast ausschließlich über einen Konfliktfall definierte. Wenn man etwas in die Geschichte zurückgeht, dann weiß man, dass das tschechisch-österreichische Verhält­nis ohnehin nicht einfach ist, obwohl wir eine Reihe von gemeinsamen Interessen ha­ben.

Daher muss man sich bei aller Auseinandersetzung um die Kernenergie bemühen und sehen, dass das sozusagen ein Konfliktfall in einem Meer von Gemeinsamkeit ist. Das heißt, es geht nicht darum, dass man jetzt diesen Konfliktfall hernimmt und sagt, we­gen der guten Nachbarschaft reden wir nicht mehr darüber. Das wäre der falsche Weg, denn wir haben hier Sicherheitsinteressen wahrzunehmen. Aber worum man sich bemühen muss, ist das Drumherum der Angelegenheit, nämlich die Frage: Wie funk­tioniert die Verkehrskooperation, wie funktioniert die Kooperation im wirtschaftlichen Bereich und Ähnliches?

Da hat sich gerade die letzte tschechische Regierung doch sehr bemüht, Österreich entgegenzukommen. Wenn man alleine an zwei Großaufträge aus dem staatlichen Bereich denkt, die in den letzten 18 Monaten an österreichische Firmen ergangen sind, dann kann man sagen: Das war, glaube ich, ein wesentlicher Schritt, wo Tschechien signalisieren wollte: Bei allen Konflikten, die wir zu Temelίn haben, wir wollen mit Österreich ein gutes Verhältnis haben!

Ich glaube, dass wir jetzt auch in der Frage der A5-Verlängerung und der Anbindung Brünn und Prag relativ weit gekommen sind, dass auch hier die Kooperation gut funk­tioniert. Zumindest ich werde versuchen, alles dazu beizutragen, dass das tschechisch-österreichische Verhältnis nicht ausschließlich durch das Kernkraftwerk Temelίn defi­niert ist, sondern dass wir diesen Konfliktfall, der besteht, in eine gute allgemeine Ko­operation einbetten.

 


Präsident Manfred Gruber: Danke, Herr Bundeskanzler.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Kollegin Diesner-Wais zu Wort gemel­det. – Bitte.

 


Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bun­deskanzler! Sie haben schon die völkerrechtliche Prüfung angesprochen. Jetzt meine Frage: Wie ist der gegenwärtige Stand bezüglich der völkerrechtlichen Prüfung in Ihrem Ressort, und wann ist ein endgültiges Ergebnis dazu zu erwarten?

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Frau Bundesrätin! Es gibt den Beginn der Arbeiten. Das Völkerrechtsbüro des Außenministeriums und der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes haben einen Arbeitsplan erstellt. Sie haben, wie gesagt, fünf externe Experten beigezogen. Die Expertengruppe trifft sich, glaube ich, Anfang April und wird ihre Ersteinschätzung präsentieren. Der Leiter des Verfassungsdienstes, Pro­fessor Lienbacher, hat mir in Aussicht gestellt, dass das gesamte Prüfverfahren in den nächsten acht Wochen abgeschlossen sein sollte.

 


Präsident Manfred Gruber: Danke schön, Herr Bundeskanzler.

 


Wir gelangen nun zur 4. Anfrage. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Wie­senegg, um seine Anfrage.

 


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