BundesratStenographisches Protokoll743. Sitzung / Seite 83

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Heute haben wir dieses Phänomen einerseits aus dem Maghreb, andererseits aus Westafrika, aber natürlich auch über die türkischen Schienen, die russischen Schienen nach Europa hinein.

Darüber hinaus sind natürlich einige Länder, die nicht unbedingt europäisch sind, daran interessiert, Mitglied der EU zu werden. Es ist das eine oder andere Land in Nordafrika, das vorsichtig die Fühler ausgestreckt hat, aber auch im Nahen Osten wird über dieses Thema diskutiert. Von der Türkei brauchen wir nicht zu reden, da sind wir voll in der Diskussion drinnen. Aber auch Länder wie Moldawien – von Transnistrien möchte ich nicht sprechen, das lassen wir lieber weg – und vor allem die Ukraine zei­gen ein besonderes Interesse daran, in die EU hineinzukommen, zumindest der ukrai­nische Präsident; bei Ministerpräsident Janukowitsch bin ich mir nicht so sicher, ob das wirklich der Fall ist.

Es hat sicher sehr viel Sinn, in die Zukunft zu blicken. Wenn wir die Zukunft der Euro­päischen Union betrachten, ist es besonders wichtig, dass wir mit der EU-Verfassung – oder wie wir sie vielleicht einmal nennen werden – echt weiterkommen. Hier ist vor allem der jetzigen EU-Präsidentschaft unter Bundeskanzlerin Angela Merkel dafür zu danken, dass sie mit großem Einsatz unterwegs ist. Sie wird sicher am Sonntag in der Erklärung einiges dazu sagen.

Sie ist aber auch bemüht, bis zum Ende der deutschen Präsidentschaft einen entspre­chenden Fahrplan aufzustellen. Da ist sicher letzte Woche die Reise nach Polen schon ein kleiner Erfolg für sie gewesen, da sie die Kaczyński-Zwillinge zumindest ein biss­chen davon überzeugen konnte, dass die EU-Verfassung nicht das Schlechteste für Polen ist.

Eine weitere harte Nuss auf dem Weg ist sicher Tschechien – wobei man den Tsche­chen natürlich konzedieren muss, dass sie keine sehr stabile Regierung haben und daher jeder sehr vorsichtig mit irgendwelchen Äußerungen ist – und selbstverständlich Großbritannien, das sich wie eine ägyptische Sphinx verhält. Denn Tony Blair war zu­mindest anfangs durchaus ein überzeugter Europäer. Mit zunehmender Regierungs­tätigkeit hat sich das immer mehr abgeschwächt, und wie sich die Sphinx Brown ver­halten wird, das wage ich nicht zu prophezeien.

Eines muss aber mit aller Deutlichkeit zur EU-Verfassung gesagt werden: dass sich am 26. Jänner 2007 die bisher 18 Staaten, die die EU-Verfassung ratifiziert haben, in Mad­rid getroffen haben, und dort wurde festgehalten, dass man die Verfassung nicht aufgeben will, sondern darauf beharrt, auch wenn zwei Länder sie abgelehnt haben und andere Länder sich in einem gewissen Grau-Bereich bewegen. Hier ist in dem Bericht des Außenministeriums vor allem interessant, dass aus österreichischer Sicht der Verfassungsvertrag der bisher beste ausgearbeitete Versuch ist, die Europäische Union demokratischer und bürgernäher zu machen und auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vorzubereiten, und dass die EU-Verfassung in der Substanz zu erhal­ten ist.

Selbstverständlich ist man jederzeit bereit – auch Österreich –, sollten nun plötzlich die Königsideen auftauchen, dass man über diese diskutiert. Nur soll man sich da nicht so sehr erwarten, dass hier noch etwas Besseres kommt – höchstens in der Theorie –, denn es müssen ja auch die 27 Länder zustimmen. Das Zweite ist – das wird auch in dem Bericht erwähnt –, dass Europa natürlich unter einem gewissen Zeitdruck steht, denn bis zur nächsten Europawahl 2009 sollte die EU-Verfassung unter Dach und Fach sein.

Zuletzt möchte ich zum EU-Verfassungsvertrag noch Folgendes sagen: Es muss in Europa gestattet sein, dass es unter Umständen ein Europa der zwei Geschwindig­keiten gibt. Wenn gewisse Länder nicht mitgehen wollen, dann sollen sie eben in ihrem


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