BundesratStenographisches Protokoll743. Sitzung / Seite 92

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Nach diesen Worten zur Förderungspolitik möchte ich nun zu meinen Überlegungen zum EU-Arbeitsprogramm 2007 kommen. Vor 60 Jahren, nach dem Zweiten Welt­krieg – davon bin ich überzeugt –, haben wir einen europäischen Zusammenschluss notwendig gehabt. Es waren drei große Männer in Europa – Schuman aus Frankreich, De Gasperi aus Italien und Adenauer aus Deutschland –, die vor 50 Jahren wirklich diejenigen waren, die Europa gebaut haben.

Heute sollten wir ja weiterbauen, heute sollte es uns gelingen, dass wir ein Europa ha­ben, in dem wir alle gern leben und letzten Endes für die Bevölkerung, für unsere Men­schen, das tun, was sie brauchen. Damals war es das Ziel, in Zukunft einen Krieg in Europa zu verhindern; keine Nation in Europa sollte eine Vorherrschaft haben; das Dritte war ein Gegengewicht zur Sowjetunion beziehungsweise zum Kommunismus. Das waren eigentlich die Überlegungen der großen Männer von damals.

Anlässlich der 50-Jahr-Feier, die am 25. März 2007 in Berlin stattfinden wird, wird es eine politische Erklärung geben, Herr Staatssekretär. Es ist eine hohe Verantwortung für 27 Länder eine Zukunft zu bauen, das ist für uns alle verständlich: 500 Millionen Menschen, 25 verschiedene Sprachen, und da noch mit Verantwortung ein Europa der Zukunft zu errichten, das ist sicher eine Herausforderung, die wir annehmen müssen und auch annehmen sollten.

Ich möchte aber zu einigen Schwerpunkten Forderungen stellen, Herr Staatssekretär. Nach einigen Versäumnissen ist man einfach nicht zufrieden, und das betrifft etwa die überfällige Verfassung für ganz Europa. Das ist ja das Thema, das wir haben, und wir haben schon eine Ablehnung durch zwei Staaten miterlebt.

Vorschläge für eine europäische Friedenspolitik sind meiner Meinung nach nicht voll berücksichtigt worden. Amerikanische Raketen in Europa, ob in Tschechien oder Po­len – so etwas kann doch, bitte, nicht sein! Ich glaube, es spaltet uns von vornherein in Europa, dies für die übrige Welt nach Mitteleuropa zu bringen. Wir sind Europäer, und wir sollten von Europa aus tätig sein. Wir haben immer eine große Bedeutung gehabt, Herr Staatssekretär und liebe Kollegen! Wir Europäer waren immer diejenigen, die für die gesamte Welt etwas bedeutet haben. Diese Vormachtstellung sollten wir auch in Zukunft aufrechterhalten, und das sollten wir immer verstärkt einbringen.

Das Ankara-Protokoll sollten wir, glaube ich, in allen seinen acht Kapiteln sehr, sehr kritisch prüfen, Herr Staatssekretär. Denn da gibt es innerhalb unserer Kulturgemein­schaft große Unterschiede. Wenn wir das nicht sorgfältigst prüfen, dann werden wir ein böses Erwachen erleben – was wir alle in Europa nicht wollen!

Zur Sicherung der Öl- und Gasversorgung, ob aus Russland oder dem arabischen Raum: Das wird immer nur so gemacht, wie Druck ausgeübt wird. Die großen Kon­zerne entscheiden letzten Endes, was gemacht wird.

In politischer Hinsicht sollten wir dem Nahen Osten gegenüber objektiver sein. Es hat mich gefreut, dass die Frau Staatssekretär auch die Palästinenser als gleichwertig mit den Israelis eingestuft hat. Denn da haben wir immer eine Schwäche gehabt, indem wir gesagt haben: Israel ist der Gute, und alles andere ist böse. Ich glaube, so sollte Europa nicht vorgehen.

Damit komme ich gleich zur Atompolitik in Europa. Da sollte von uns mehr Verant­wortung getragen werden: Ja zur Abrüstung des Irans, aber auch von Israel, wenn sie Atombomben besitzen! Es haben beide keinen Anspruch darauf, Atomwaffen zu ha­ben, und da sollten wir auch gegen beide unsere Verantwortung erheben.

Kritisch sollten wir auch dem Alleingang Amerikas in allen Kriegsfragen gegenüberste­hen. Auch da, Herr Staatssekretär, könnten wir in Europa meiner Meinung nach den Finger erheben und so manches Mal auch Herrn Präsidenten Bush unsere Meinung


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