BundesratStenographisches Protokoll743. Sitzung / Seite 124

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Es ist so, dass sich in Vorbereitung des ECOFIN, nämlich des informellen ECOFIN, die Frage stellt, wie wir in dem schwierigen Kapitel der Steuerkoordination weiterkommen. Wie bereits mein Vorredner angesprochen hat, hat Österreich vitales Interesse daran, dass gerade das Mehrwertsteuerpaket zur Reform der 6. Richtlinie Anwendung findet, da wir hohe Abflüsse an Steuern über die Grenze haben, vor allem durch die Konstruk­tionen mit dem Kfz-Leasing.

Wir haben zweitens Interesse daran, dass es im Bereich der Missbrauchsbekämpfung zur Ermöglichung des Reverse Charge Systems im Inland kommt. Kurz zur Erläute­rung, was das ist.

Seit es den Binnenmarkt in Europa gibt, herrscht ja über die Grenze prinzipiell Waren­freiheit, und es gibt auch keine Grenzkontrolle mehr. Das heißt, das alte System der Einfuhrumsatzsteuer gilt nur noch an der Außengrenze des europäischen Binnenmark­tes; innerhalb dessen, zwischen den Mitgliedstaaten, gilt ein sogenanntes Reverse Charge System. Das heißt, der Lieferant aus einem Mitgliedstaat liefert steuerfrei dem anderen, und der Empfänger der Lieferung, das Unternehmen dort, muss eine soge­nannte Erwerbsteuer zahlen. Das heißt, er führt die Steuer ab, die er gleichzeitig – unter normalen Bedingungen – als Vorsteuer wieder abziehen kann.

Dieses System ist deutlich widerstandsfähiger gegenüber Betrugsversuchen. War­um? – Weil der, der den Vorsteuerabzug hat, gleichzeitig der Steuerschuldner ist, wenn es eine Lieferung zwischen Unternehmen ist. Das führt nicht zu dem Effekt, dass Betriebe sich Steuerguthaben wegen der Vorsteuer einbehalten können, während der, der eigentlich die Umsatzsteuer schuldet, dann in Konkurs geht oder nicht greifbar ist. Diese Form des Betruges, die europaweit in großem Umfang festzustellen ist – leider auch in Österreich –, könnte damit wirkungsvoll bekämpft werden.

Ich möchte nicht verschweigen, dass wir in diesem Bereich große Schwierigkeiten ha­ben, weil sich einzelne Mitgliedstaaten strikt gegen eine Änderung wehren, namentlich im romanischen Raum Frankreich. Wir haben die Schwierigkeit, dass gerade dieses Missbrauchsverhinderungssystem etwas wäre, was durchaus in jener Form einführbar wäre, dass die Mitgliedstaaten, die es in ihrem eigenen Binnenmarkt wollen – es geht nicht um den EU-Binnenmarkt, da gibt es das sowieso –, dieses System anwenden. Es könnten ja jene Staaten, die es nicht wollen, durchaus weiter das bisherige System haben. Dennoch ist der Widerstand sehr groß. Wir bemühen uns, auf der Seite der deutschen Präsidentschaft Bewegung hineinzubringen. Ich möchte aber in dieser Frage nicht allzu viel Optimismus walten lassen.

In der Frage des Mehrwertsteuerpaketes sind die Chancen besser. Wir hoffen, dass wir diesbezüglich möglicherweise bereits im April eine erfolgreiche Vereinbarung tref­fen können. Ich möchte aber in diesem Zusammenhang nicht verschweigen, dass auch dort etliche Punkte miteinander verknüpft sind, und das an dieser Stelle vor den Bun­desländervertretern sagen: Wir haben ja noch besondere Steuersätze in sogenannten Außenzonen wie dem Kleinen Walsertal. Auch dort werden wir eine gewisse Beweg­lichkeit an den Tag legen müssen, notabene da die deutschen Sätze heute bereits höher sind.

Der letzte Punkt zur Koordinierung der Steuerpolitik betrifft die gemeinsame Körper­schaftsteuergrundlage. Ich bin sehr froh darüber, Ihnen berichten zu dürfen, dass die österreichische Bundesregierung jetzt einheitlich dafür eintritt, dass wir innerhalb der Europäischen Union zu einer vereinheitlichten Form der Unternehmensbesteuerung kommen. Vizekanzler Molterer hat bereits bei seinem Besuch in Berlin darauf hinge­wiesen, dass das ja eine Stärkung für die Unternehmen innerhalb der Europäischen Union wäre: weniger Bürokratie, deutliche Reduktion der Aufwendungen, die unter-


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