verstehe die Kritik an der niederösterreichischen Praxis, aber die ist im Wesentlichen dort abzuhandeln, wo sie verursacht wird; was nicht heißt, dass uns das nichts angeht, aber dort ist trotzdem der prioritäre Bereich der Auseinandersetzung, und wenn es die erforderlichen Erfolge nicht gibt, ist das nicht einfach auf das Finanzministerium abzuladen.
Wir haben – und das ist zweifellos notwendig – öffentliches Bewusstsein zu schaffen, weit über das hinaus, was in der Anfrage gestanden ist und was hier auch bisher gesagt wurde. Die Abhängigkeit, die Spielsucht ist auch dann ein gesellschaftliches Problem, wenn jemand 15 Trafiken nacheinander abgrast und bei „6 aus 45“ einen Stapel von Scheinen ausfüllt. – Das ist legal, das ist entsprechend mit Gebühren und Steuern versehen. (Bundesrat Breiner: Aber zu mühsam!) – Also ich muss ganz ehrlich sagen, diesen Eindruck habe ich nicht, wenn ich meine Umwelt betrachte. Das ist in vielen Fällen mit geringerer sozialer Ächtung verbunden als für jene, die am Automaten stehen. Vier Trafiken sind zu schaffen, und da kann man relativ viel Geld „verzocken“, ohne einer sozialen Ächtung zu unterliegen und seine Sucht offensichtlich zu machen. Ich behaupte jetzt nicht, dass das das eigentliche Problem ist und das, was Gegenstand der Anfrage ist, kein Problem ist, wir sollten nur nicht den Fehler begehen, es auf das zuzuspitzen.
Und zu der Verschwörungstheorie: Die haben alle gekauft und daher passiert ihnen nichts! – Das ist ein gesellschaftliches Problem! Es ist nicht einfach ein Problem des Strafrechtes, es ist nicht einfach ein Problem des Vollzugs. Hier ist Öffentlichkeit zu schaffen. Sie ist zu schaffen aus dem Bereich des Konsumentenschutzes – liegt nicht im Ressort des Finanzministers, aber es ist eine Aufgabe der Politik –, das hat zu geschehen durch mediale Aufarbeitung, und jeder Versuch, das zu unterbinden, ist energisch zurückzuweisen – wenn das, was ich nicht weiß, was aber behauptet wurde, versucht wird. Es muss in diesem Land möglich sein, dass sich Betroffene dazu äußern, ohne von Strafe und Schadenersatzzahlungen bedroht zu sein.
Ich glaube, das gehört zentral zur Meinungsfreiheit, und das ist in einer solchen Debatte auszusprechen. Das ist auch nicht die Ingerenz des Finanzministeriums, aber Debatten – nicht nur diese –, öffentliche Debatten dadurch unmöglich zu machen, dass für das Mundaufmachen auch eine Gebühr, nämlich in Form einer Schadenersatzzahlung an denjenigen, mit dem man sich auseinandersetzt, fällig wird, das ist mit Sicherheit in einer freien Gesellschaft nicht zulässig.
Ich glaube, wir sollten diese Dringliche Anfrage und die Debatte darüber als Anlass nehmen, uns für uns zu überlegen, welchen Beitrag wir zu dieser vermehrten Öffentlichkeit leisten können, und uns nicht darin verlieren, welche technischen Kontrollen bei einem bestimmten Gerät vielleicht noch möglich wären.
Klar ist, dass die nationale Regelungshoheit überall dort, wo sie versucht, sich durchzusetzen, schwächer wird, dass angesichts eines bestehenden Bedarfes – ob man ihn jetzt gutheißt oder nicht; ich nehme an, niemand in diesem Kreis heißt das besonders gut – das Ventil gesucht wird, ob es jetzt im Internet und damit eventuell auch im Ausland ist, ob es am Spielautomaten ist oder in anderer Form; aber das gesellschaftliche Bewusstsein können wir national schaffen – und dazu soll diese Debatte ein Beitrag sein.
Insofern mein Dank an den Herrn Staatssekretär, der eben auch die Begrenzungen der Möglichkeiten aufgezeigt hat, Dank aber durchaus auch an jene, die diese Dringliche Anfrage eingebracht haben, weil das ein Beitrag zu dieser Bewusstseinsbildung ist, an der wir weiter zu arbeiten haben werden. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)
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