BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 72

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Zweitens muss man Integrationsbemühungen vorantreiben, gerade bei ganz jungen Menschen. Das bedeutet zum Beispiel – was in Wien momentan vorbildhaft gemacht wird –, den Kindergarten als erste Bildungseinrichtung und erste Bildungsinstitution zu begreifen und dort viele Investitionen zu tätigen, weil dort sind sie am nachhaltigsten und dort kann man den Kindern am besten helfen. Man muss Kinder schützen, und das gilt auch für Jugendliche!

Die deutsche Präsidentschaft hat als zentrales Thema: Gleiche Chancen und gesell­schaftliche Teilhabe für alle Kinder und Jugendlichen. Das betrifft einerseits die Frage der Partizipation, also die Stärkung der Mitbestimmungsmöglichkeit – strukturierte Mit­bestimmung – durch Förderung von Kinder- und Jugendparlamenten sowohl auf nationaler als auch auf dezentraler Ebene. Dies bedingt aber auch – und das ist eine wesentliche Voraussetzung für Partizipation, meine Damen und Herren –, dass man die gesellschaftliche Grundlage der jungen Menschen sichert. Das bedeutet zuallererst eine Ausbildungsgarantie für alle jungen Leute. Es ist erklärtes Ziel dieser Bundes­regierung, dass jeder Jugendliche und jede Jugendliche einen Ausbildungsplatz – vom Beginn der Ausbildung bis zur Vollausbildung – erhält. Das ist eine wesentliche Ver­bes­serung zum jetzigen System. Das jetzige System mit dem Jugendausbildungs­sicherungsgesetz – so notwendig es ist – ist unzureichend.

Ich finde es ausgesprochen erfreulich, dass die jetzige Bundesregierung sich auf die Fahnen geheftet hat, eine Ausbildungsgarantie für alle Jugendlichen zu geben, und zwar auch für jene Jugendlichen, die innerhalb der Ausbildung Veränderungen erfah­ren. Das sind sehr viele, die entweder nach der Probezeit in einem Lehrverhältnis, während des Schulbesuchs oder nach einer Schulstufe, ihre Ausbildung aufgeben, und diesen müssen wir garantieren, dass es weitergeht. Dazu ist es notwendig, nicht nur die entsprechenden Arbeitsausbildungs-, sondern auch die dazugehörenden Arbeits­plätze zu schaffen.

Mein Appell dabei ist: Wir haben eine ganze Menge Lehrlinge im Bereich des öffentlichen Dienstes, das sollte man nicht unterschätzen, und all diese Lehrlinge – ich habe sie gerade in der Berufsschule in meiner beruflichen Tätigkeit als Fachaus­schuss­sekretär der Arbeiterkammer Wien besucht, weil die Verwaltungsassistenten zu meinem Betreuungsgebiet gehören – fürchten sich davor, nicht übernommen zu werden.

Frau Bundesministerin – Sie sind nicht nur die Gesundheitsministerin, sondern auch die Jugendministerin –, die Jugend vertraut darauf und ersucht sehr, dass nicht nur der Ausbildungsplatz, sondern auch der Arbeitsplatz erhalten bleibt. Ich denke, die Bemühung, jene Leute nach der Ausbildung beim Bund auch zu übernehmen – ich weiß schon, das wird nicht hundertprozentig gelingen –, wäre doch sehr wünschens­wert.

Meine Damen und Herren! Ich habe eine Studie über den sozialen Status von Migran­tin­nen und Migranten vorliegen. Dabei wurde insbesondere auch die Frage der Frauenerwerbstätigkeit von 15- bis 35-jährigen Frauen und Mädchen mit türkischem Migrationshintergrund in Österreich behandelt. – Meine Damen und Herren, in dieser Zielgruppe der 15- bis 35-jährigen Frauen und Mädchen mit türkischem Migrations­hintergrund sind 4 Prozent arbeitslos und 45 Prozent nicht erwerbstätig, überhaupt nicht. Das heißt, 45 Prozent der Mädchen dieser Zielgruppe erhalten überhaupt keine Ausbildung und in Folge auch keinen Arbeitsplatz.

Meine Damen und Herren, das ist ein nicht hinzunehmender Zustand! Das ist ein nicht hinzunehmender Zustand, weil eine Gruppe junger Frauen auf Dauer in die Abhängigkeit und Unmündigkeit verbannt wird. Das kann nicht sein, und Sie werden bei uns jede Unterstützung – da kann ich schon für die Sozialdemokratie sprechen –


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