BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 86

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Bisher hat sich offensichtlich der Nationalrat nicht bereit gefunden, einem solchen Begehren näherzutreten. Zweimal ist der Antrag wegen Ablauf der Gesetzgebungs­periode verfallen, aber ich sage – ein bisschen selbstbelobigend – dazu: Man soll die Hoffnung nicht sinken lassen, denn schließlich und endlich hat die sozialdemokratische Bundesratsfraktion bei einer Klausurtagung im Jahre 1997 die Schaffung eines Bürger- und Menschenrechtsausschusses erarbeitet und vorgeschlagen. Und: Kaum sind zehn Jahre vergangen, hat der Bundesrat einen solchen Ausschuss. (Heiterkeit.) Also das könnte ja vielleicht auch für das Stellungnahmerecht eine Maßzahl sein.

Der heutige Antrag versucht, den meritorischen Inhalt dessen, also kein verfassungs­mäßiges Recht, kein formalisiertes Verfahren, aber natürlich die Möglichkeit, sich poli­tisch auszudrücken, in einem konkreten Fall zur Anwendung zu bringen. Ich sage auch gleich dazu: Das soll jetzt nicht ein einmaliger Kraftakt des Bundesrates sein, der der Öffentlichkeit und der anderen Kammer demonstriert: Wir könnten ja, wenn wir uns trauen täten!, sondern das soll der Beginn einer Auseinandersetzung mit der anderen Kammer sein. Es wird auch andere Regierungsvorlagen, Initiativanträge geben, zu denen es aus dem Kreis der Bundesländer, aus dem Kreis der begutachtungs­berechtigten Einrichtungen vernünftige Vorschläge gibt, denen der Bundesrat nahe­treten kann.

Im konkreten Fall haben wir zwei Überlegungen aufgegriffen, die im Begutachtungs­verfahren zum sogenannten Demokratiepaket – im Wesentlichen Wahlrechtsänderun­gen – von berücksichtigungswürdiger Seite geäußert wurden.

Das eine – und ich gebe zu, das ist ein Problem des städtischen Raumes –: Traditions­gemäß und gesetzesgemäß – und das sollte sich nicht ändern – werden die Wahl­berechtigten in sogenannten Hausanschlägen – bei Einfamilienhäusern ist das nicht wirklich das Problem, bei großen Wohnhausanlagen wird das am Schwarzen Brett angenagelt oder zumindest mit Tixo hingeklebt – numerisch verzeichnet, und zwar nach Geschlechtern getrennt.

Wir leben in einer Zeit, in der es notabene im städtischen Raum zu einem gewaltigen Anwachsen der Kriminalität, vor allem der Einbruchskriminalität, gekommen ist. Das hat zu ganzen Änderungen der Lebenskultur geführt. Wiener Bundesräte meiner Gene­ration werden das wissen: Früher war es üblich, dass, wenn im Haus jemand verstorben ist, der Partezettel auch am Schwarzen Brett angebracht wurde. Nachdem nicht nur die Wohnung des Verstorbenen zur angegebenen Uhrzeit in Hunderten Fällen ausgeräumt wurde, sondern gleich das ganze Haus, weil man annehmen konnte, dass die Mitbewohner sich ebenfalls beim Begräbnis befinden, ist diese gute Tradition irgendwie in Misskredit geraten und wird zunehmend unterlassen.

Die Mitteilung, dass irgendwo alleinstehende Frauen in einer Wohnung sind, hat keinen wirklich deklaratorischen Wert in Bezug auf das Wahlrecht. Zusammenzuzählen, dass zwei Personen das dort wohnende Ehepaar sind, auch wenn die Geschlechter nicht angegeben werden, wird der Wahlberechtigte in der Lage sein. Aber die Annahme, dass es eine Reihe von Wohnungseinbrüchen gegeben hat, weil diese Anschläge signalisieren: da lebt eine alleinstehende Frau – von der, in Wien zumindest, mit hoher statistischer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass es sich nicht um eine Kick­boxerin jugendlichen Alters handelt, sondern eher um eine Pensionistin, die relativ leicht auszurauben ist –, ist nicht von der Hand zu weisen. Daher haben sowohl der Österreichische Städtebund als auch das Land Wien diesen Vorschlag gemacht, und ich glaube, wir sollten ihn aufgreifen.

Der zweite Vorschlag, der vielleicht technisch-juridisch ein bisschen weniger leicht umzusetzen sein wird, knüpft ebenfalls an eine vernünftige, in diesem Fall von der Vorarlberger Landesregierung geäußerte Meinung an, nämlich dass Auslandsöster-


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