BundesratStenographisches Protokoll748. Sitzung / Seite 22

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zu fördern. Dass wir hier einen Nachholbedarf haben, ist rezent. Wir versuchen derzeit, die Lücken zu schließen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Schennach, bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Bundesministerin, Sie haben in der Beantwortung einer Zusatzfrage gesagt, dass dieser Spitzenplatz nur durch entsprechende Finanzierung auch gehalten werden kann. Worin sehen Sie, um diese nachhaltige Finanzierung der Krankenkassen sicherzustellen, die wichtigsten Sofortmaßnahmen oder die brennendsten Schwachstellen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Ich denke, die brennendsten Schwachstellen sind, dass wir im Spitalsbereich einfach auf der einen Seite auch im europäischen Vergleich zu viele Akutbetten haben, die natür­lich von ihren Kosten her in einem hohen Bereich liegen. Auf 1 000 Einwohner haben wir in Österreich derzeit 5,8 Akutbetten; europaweit wird von 4,0 ausgegangen. Das, was uns aber fehlt – und das ist ein ganz wesentlicher Faktor –, sind Remobilisations-, Rehabilitationsbetten, Pflegebetten. Das ist in Zusammenschau mit den demo­grafi­schen Entwicklungen ein wesentlicher Tatbestand, der in der nächsten Zeit – und zwar dringend, also kurzfristig – die Umsetzung entsprechender Maßnahmen erfordert. Ich bringe Ihnen dazu Zahlen:

Ein großes Wiener Spital, das SMZ Ost, hat in einer öffentlichen Studie belegt, dass im Jahr 3,4 Millionen € allein dadurch an Mehrkosten erwachsen, dass Procuratio-Fälle – also Fälle von Patienten, die bereits akut versorgt worden sind, diese akute Ver­sorgung nicht mehr benötigen, aber allein zu Hause nicht selbständig leben können und auf einen Pflegeheimplatz warten – dort liegen, dass 3,4 Millionen € de facto an Mehrkosten entstehen, weil man sie nicht in adäquaten Strukturen unterbringen kann.

Ich persönlich möchte es aber nicht nur beim Geldbetrag belassen, sondern es ist auch unwürdig für einen alten Menschen oder für einen Menschen, der eine Demenz­erkrankung oder eine andere Erkrankung hat, wo er sich nicht mehr selbst helfen kann, wenn er in einem Akutbereich, der nicht darauf ausgerichtet ist, diese Pflege anzu­bieten, liegen muss und im Rahmen der gesamten Struktur nicht diese menschliche Zuwendung bekommt, die er sich verdient hat. – Das ist einer der wesentlichen ersten Schritte, von denen ich glaube, dass sie notwendig sind.

Es gibt vor allem im intramuralen Bereich, im Spitalsbereich, natürlich auch etliche Schritte, die vor allem mit Synergieeffekten und Schwerpunktsetzungen zu tun haben. Wir haben in Österreich sehr viele einzelne Krankenanstalten, die als Krankenanstalt alles anbieten, und ich denke, dass wir hier viel zu wenig in den extramuralen, also in den niedergelassenen Bereich auslagern. Die Aufwertung des niedergelassenen Arztes ist ein wesentliches Ziel dieser Bundesregierung. Ich glaube auch, dass es notwendig ist, hier nicht nur im Rahmen der Ausbildung, sondern auch im Rahmen der Honorierung den niedergelassenen Bereich zu stärken und wieder verstärkt eine wohnortnahe Medizin für den Patienten zu schaffen. Hier würde sehr viel an Effizienz­potenzial erwachsen.

Ein nächster Schritt ist die Schnittstellenproblematik zwischen dem Spitals- und dem niedergelassenen Bereich. Ich sage nur „Entlassungsmanagement“ als Stichwort. Hier geht viel Geld verloren aufgrund von Doppelgleisigkeiten, aufgrund von Wartezeiten. Hier spielt auf der einen Seite wieder moderne Technologie eine Rolle, aber auch das Zusammenbringen aller beteiligten Personen an einen Tisch. Ich gebe zu, wie die letzten Tage zeigen, das ist nicht immer ganz einfach.

 


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