BundesratStenographisches Protokoll748. Sitzung / Seite 108

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

warte – und diese Bundesregierung in dieser Funktionsperiode gibt es ja auch schon geraume Zeit.

Frau Lulaj möchte gerne in Österreich bleiben, sie möchte frei sein und sie möchte selbständig sein, und ich glaube, dass Sie verstehen, warum das so ist. Sie möchte hier arbeiten und einen Beitrag zu unserem Sozialstaat leisten – einen Arbeitsplatz hätte sie.

Meiner Meinung nach ist auch sie ein Fall für humanitären Aufenthalt, und ich gehe davon aus, dass die Kriterien, die mein Vorredner hier angeführt hat, ausreichen werden, dass das Bundesministerium einem solchen Antrag stattgeben wird. (Ruf: Landeshauptmann!) – Ich glaube nicht, dass Österreich irgendetwas verliert, wenn wir solche Menschen in unserem Land behalten. Ich glaube, dass wir etwas an Mensch­lichkeit und Vertrauen gewinnen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

16.11


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Dr. Gumplmaier. Ich erteile ihm dieses.

 


16.11.40

Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Unser Thema in einen globalen Zusammen­hang gestellt: In den USA werden sechs Meter hohe elektrische Zäune an der Grenze zu Mexiko errichtet, es verkehren bewaffnete Wachposten, und trotzdem kommen täglich Hunderte und Tausende über die Grenze. Spanien errichtet auf afrikanischem Boden eine hohe Mauer, um ein Sperrsignal zu setzen und abzuschrecken, trotzdem kommen täglich Tausende neue Flüchtlinge. Das Schicksal der „Boat People“, die ihr Leben riskieren und auch jedes Jahr zu Hunderten ihr Leben verlieren, ist Thema in den Zeitungen.

Spanien amnestierte vor einigen Jahren 570 000 Flüchtlinge – 570 000 Flüchtlinge! –, Italien amnestierte im Jahr 2002 634 000 Flüchtlinge; damit einmal die Größenordnung unseres Problems relativiert wird.

Was ich damit sagen will? – Verdammt noch einmal, wir müssen doch in der Lage sein, in diesem Österreich diese Probleme zu lösen! Bei etwas gutem Willen müssen wir in der Lage sein, das Problem so zu lösen, dass wir uns als Christen, als Sozial­demo­kraten, als Humanisten am Abend in den Spiegel schauen können, müssen wir in der Lage sein, das Problem so zu lösen, dass die Menschenrechte gewahrt werden.

Daher darf es in dem Land Österreich nicht geduldet werden, dass Zweijährige in Schubhaft genommen werden, dass Familien auseinandergerissen werden, dass Klassenkameraden um ihren Sitznachbarn fürchten, dass Familien jeden Tag woan­ders schlafen, weil sie fürchten, wie Schwerverbrecher bei Nacht und Nebel mit Blaulicht abgeholt zu werden. Wir dürfen nicht dulden, dass es Tausende Abschie­bungen gibt und noch mehr Personen, die sich vor Abschiebung fürchten, während wir gleichzeitig 5 400 Menschen ins Land holen.

Im Frühjahr 2007 bildeten sich in vielen Gemeinden in Oberösterreich Bürgerinitiativen, die eine Plattform gründeten. Auch der von mir seinerzeit mit initiierte Verein „Land der Menschen Oberösterreich“ bietet eine Plattform und hat auch die Demonstration in Frankenburg organisiert.

Ich habe, lange bevor das Thema in den Medien auftauchte, die sich neu bietende Gelegenheit genützt und das Thema in Form einer Petition hier im Haus eingebracht, um das Problem juristisch, menschlich, gesellschaftlich und politisch anhand von Ein­zel­schicksalen aufzuzeigen. Aber wir sollten uns nicht irritieren lassen: Die Einzel­schicksale sind nur ein Symptom für eine Entwicklung, und die Stimmung in der


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite