BundesratStenographisches Protokoll751. Sitzung / Seite 31

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gesetzlich herumgedoktert, mit dem Ergebnis, dass es heute noch immer 36 000 uner­ledigte Fälle gibt. Die Wurzeln dieser langen Verfahrensdauer liegen aber nicht in den Gesetzen – sie liegen nicht in den Gesetzen! –, sondern im Mangel an Qualität der ersten Instanz.

Auch die Novelle, die heute hier vorliegt, betreibt nichts anderes als Symptombekämp­fung, ohne auf die Ursachen näher einzugehen. Der Rechtsschutz wird gekappt, und man glaubt, damit etwas beschleunigen zu können. Wenn wir aber Analysen von Erst­bescheidannahmestellen sehen, so wird immer wieder festgehalten, dass die Analyse der Bescheide ergeben hat, dass in nahezu jedem Verfahren erhebliche Ergänzungen von Seiten der Berufungsbehörden notwendig waren.

Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, das, was Sie heute hier ohne jegliche Begutachtung durchpeitschen, wird eine Reihe von Auswirkungen haben; ich rede jetzt nicht von der menschlichen Dimension. Betreffend die menschliche Dimen­sion, meine Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, werden Sie durch ihr Verhalten im Zusammenhang mit Entschließungsanträgen, die wir heute einbringen und die alle auf Entscheidungen von Minister Platter abzielen, noch Gelegenheit haben, zu zeigen, wie ernst Sie es wirklich meinen.

Da es kein Begutachtungsverfahren gegeben hat, werde ich nun zwei Dinge in das Stenographische Protokoll einfließen lassen, damit wenigstens eine andere Form des Begutachtungsverfahrens möglich ist.

Am 18. Dezember erhielt der Präsident des Bundesrates ein Schreiben mit folgendem Inhalt, unterzeichnet von Vertretern von amnesty international, der asylkoordination, der Diakonie, dem Integrationshaus, von SOS Mitmensch und der der SPÖ gar nicht so fern stehenden Volkshilfe:

„Wien, am 17. Dezember 2007

Betrifft: Stellungnahme zum ,Asylgerichtshof‘

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident!

Am 6. November wurde im Ministerrat der Entwurf einer Novelle des Bundes-Verfas­sungsgesetzes beschlossen, mit dem unter anderem ein sogenannter ,Asylgerichts­hof‘ – bei gleichzeitiger Abschaffung des Beschwerderechtes von AsylwerberInnen beim Verwaltungsgerichtshof – eingeführt werden soll.“ (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich weiß, dass Sie das Schreiben haben, aber Ihr Problem ist, dass Sie Schreiben be­kommen und sie wegwerfen, ohne sie zu lesen. Ich gebe Ihnen jetzt die Möglichkeit, mir hier zuzuhören. (Anhaltende Zwischenrufe der Bundesräte Schöls und Bieringer.)

Wenn Sie es lesen würden, Herr Kollege Schöls, dann würden Sie heute dagegen stimmen! Im Übrigen zolle ich der Entscheidung des Kollegen Einwallner Respekt; er hat im Ausschuss dagegen gestimmt. (Beifall bei den Grünen. – Bundesrat Schöls: ... diese Arroganz!)

„Trotz dieses einzigartigen ,Experiments‘ mit dem menschenrechtlich und verfassungs­rechtlich hochsensiblen Asylverfahren wurde kein Begutachtungsverfahren durchge­führt und soll Verfassungsrecht in einem hochproblematischen Schnellverfahren gänz­lich ohne Anhörung der Expertise der Zivilgesellschaft durch den Nationalrat ge­schleust werden. Selbst die von der Regierung eingesetzte Expertengruppe für die Verfassungsreform, die sich im Februar 2007 konstituiert hat, wurde in den Entwurf zum ,Asylgerichtshof‘ nicht eingebunden.

Kern dieses Teils der B-VG-Novelle ist es, den Rechtsschutz von AsylwerberInnen durch den Verwaltungsgerichtshof abzuschaffen und sogar den Rechtsschutz des Ver-


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