BundesratStenographisches Protokoll751. Sitzung / Seite 32

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fassungsgerichtshofs einzuschränken. Die andere Verfahrenspartei, das Innenministe­rium, soll dagegen das Asylverfahren an ,seinem Asylgerichtshof‘ mit den Werkzeugen ,Grundsatzentscheidung‘ und ,Fristsetzung an den Verwaltungsgerichtshof‘ einseitig dominieren können. Selbst der Verfassungsgerichtshof soll derartige Erkenntnisse, selbst wenn sie durch ,Verschweigung‘ des Verwaltungsgerichts zustande gekommen sind, nicht mehr hinterfragen dürfen. Damit ist die Unabhängigkeit der RichterInnen des ,Asylgerichtshofs‘ massiv beeinträchtigt. Im Ergebnis wird unter Verletzung der Gewal­tentrennung die Bindung eines Gerichts an den Antrag einer Verwaltungsbehörde ein­geführt.

Die angestrebte Verfahrensbeschleunigung wird einzig dadurch erreicht, dass der Rechtsschutz einer ganzen Gruppe von Menschen durch die Einführung eines Sonder­rechts verkürzt wird. Dieses Verfahrensrecht ,zweiter Klasse‘ steht in Widerspruch zur Verfassungsordnung und Behördenstruktur in allen anderen Rechtsgebieten und trifft zugleich Menschen in einer besonders verletzlichen, potentiell lebensbedrohlichen Si­tuation.

Aus einem Vergleich zwischen UBAS und ,Asylgerichtshof‘ wird sichtbar, dass die ge­plante Novelle zu keinerlei Erhöhung der Verfahrensqualität“ – dazu möchte ich sagen, das ist der springende Punkt des Ganzen – „oder Stärkung der Unabhängigkeit und Kompetenz der RichterInnen führt. Die Bezeichnung ,Asylgerichtshof‘ dient damit ledig­lich als Rechtfertigung für die Abschaffung der nachprüfenden Kontrolle durch den Ver­waltungsgerichtshof – und ist im Ergebnis ein ,trojanisches Pferd‘ für die Beschneidung des Rechtsschutzes im Asylverfahren.

Die unterzeichnenden Organisationen bekennen sich dazu, dass die langen Verfah­rensdauern in niemandes Interesse gelegen sind und verkürzt werden müssen. Ad­äquate und menschenrechtskonforme Maßnahmen gegen lange Asylverfahren sind insbesondere hohe Qualität im erstinstanzlichen Verfahren und legistische Qualität eines Asylgesetzes, das nicht beständigen verfahrensrechtlichen Änderungen unter­worfen ist“ – wie es derzeit ja laufend der Fall ist.

Weiter heißt es: „Ein bloßes Kappen des höchstgerichtlichen Rechtsschutzes geht je­doch an den Ursachen für die lange Verfahrensdauer völlig vorbei.

Die unterzeichnenden Organisationen fordern Sie, Herr Bundesratspräsident, daher dringend auf, die Regierungsvorlage zum ,Asylgerichtshof‘ angesichts Ihrer persönli­chen menschenrechtlichen Verantwortung und im Wissen um Ihr freies Mandat weder als Gesamtheit, noch in den problematischen Einzelbestimmungen Ihre Zustimmung zu geben.

Dieser menschenrechtlich besonders heikle und bedeutsame Rechtsbereich verdient Ihre volle menschenrechtliche und persönliche Aufmerksamkeit. Einer derart einschnei­denden Novellierung muss die dafür notwendige Beratungs- und Behandlungszeit gesi­chert werden.“

Unterschrieben ist der Brief vom Generalsekretär von amnesty international, der Geschäftsführerin des Vereins Projekt Integrationshaus, vom Sprecher von SOS Mit­mensch, dem Bundesgeschäftsführer der Volkshilfe Österreich, dem Direktor der Dia­konie Österreich und der Obfrau des Vereins asylkoordination Österreich.

Damit ist zumindest die Stellungnahme der Zivilgesellschaft zu der geschichtlichen Verantwortung bezüglich dessen, was Sie heute hier abstimmen, im Stenographischen Protokoll, denn eine Begutachtung dazu hat ja nicht stattgefunden.

Meine Damen und Herren, Entfall einer Instanz bedeutet (Ruf bei der ÖVP: Schnellere Verfahren!), wir verschieben unser rechtliches System. Die Amtsbeschwerde des Bun­desministers, die der Asylwerberin oder dem Asylwerber maximal eine Nebenrolle ein-


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