BundesratStenographisches Protokoll751. Sitzung / Seite 33

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räumt – aber eine passive Nebenrolle, er ist eine Art Zaungast im Verfahren –, die Ent­scheidungsfrist von sechs Monaten des Verwaltungsgerichtshofs, die Ablehnungsmög­lichkeit des Verfassungsgerichtshofs trotz der Tatsache, dass der Asylwerber/die Asyl­werberin den Verwaltungsgerichtshof nicht anrufen kann, eine weitere Einschränkung nach Artikel 144a, der zulässigen Verwaltungsbeschwerde, das Kappen einer der Grundfesten, der Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit, indem sie nämlich mit diesem Gesetz die fixe Geschäftseinteilung in Schiffsnot bringen, dass der Asylgerichtshof nicht dieselben Garantien der Unabhängigkeit wie der Verwaltungsgerichtshof hat, und noch dazu kein Richter-Drittel wie beim Verwaltungsgerichtshof vorgesehen ist, müsste eigentlich dazu führen, dass wir heute hier gemeinsam einen Einspruch gegen dieses Gesetz formulieren.

Ich weiß, Sie werden jetzt sagen: Das alles sagt nur der Schennach! – Erlauben Sie mir deshalb, meine Damen und Herren, dass ich die „Begutachtung“ noch um einen Punkt ergänze, und zwar um eine Stellungnahme von Herrn Rudolf Müller, Senatsprä­sident des Verwaltungsgerichtshofes und Mitglied des Verfassungsgerichts. Er meint unter dem Titel „Gott schütze Österreich künftig vor verfassungsändernden Mehrhei­ten ...“ Folgendes:

„Die Regierung ist mithilfe“ – was jetzt kommt, ist eine Kritik an Ihnen – „einer ihr will­fährigen Verfassungsmehrheit im Parlament drauf und dran, gesetzliche Maßnahmen zu beschließen, die nach Auffassung nahezu aller Experten den ungeliebten Verwal­tungsgerichtshof (VwGH) in Asylsachen ausschalten und zugleich den offenbar ebenso ungeliebten Verfassungsgerichtshof in seiner Funktionsfähigkeit lahmlegen werden. Ich beschreibe damit“, sagt der Senatspräsident des Höchstgerichtes, „nicht Verhältnisse in Weißrussland oder Pakistan, sondern Vorgänge, die sich derzeit in Österreich unter den Augen einer nahezu ausnahmslos entsetzten Fachöffentlichkeit abspielen. Und wer zur Verteidigung antritt, ... muss sich postwendend ... ein Spiel mit falschen Zahlen vorwerfen lassen.

Es scheint vergessen zu sein, dass der Verwaltungsgerichtshof lange vor der gelten­den Bundesverfassung der erste Eckpfeiler gewesen ist, der den Beginn der Rechts­staatlichkeit der Verwaltung in Österreich markierte: Das Staatsgrundgesetz über die richterliche Gewalt vom 21. Dezember 1867, räumt nämlich in Art. 15 Abs. 2, jeder­mann, der behauptet, durch die Entscheidung einer Verwaltungsbehörde in seinen Rechten verletzt zu sein, das Recht ein, seine Ansprüche vor dem VwGH geltend zu machen.“ – Genau das kappen Sie heute!

„Dabei ist es bis heute geblieben, unterbrochen nur während der NS-Zeit. Mit einem Wort: eine feine Gesellschaft, in der sich die Koalitionsparteien da mit ihrem ,Reform­vorhaben‘ befinden. Das ist zwar polemisch“, sagt der Senatspräsident, „aber deshalb noch lange nicht falsch.

Denn es sagt einem schon der Hausverstand, dass diese ,Reform‘ das Gegenteil des­sen erreichen wird, was sie vorgibt anzustreben.“

„Wie aber wird das künftig beim Verfassungsgerichtshof funktionieren, dessen Mitglie­der, wie das die Verfassung vorsieht, großteils einen Nebenberuf ausüben, und der mit acht schon derzeit überlasteten Referenten und knapp über 20 wissenschaftlichen Mit­arbeitern im wesentlichen auf die Erledigung von maximal 2 000 bis 2 300 Beschwer­den pro Jahr ausgelegt ist?“

Weiter: „Wenn der Weg zum VwGH abgeschnitten sein wird, dann werden sich nämlich die Asylwerber, die sonst den VwGH angerufen hätten, und denen man ja ausdrücklich nachsagt, es ginge ihnen nur darum, das Verfahren in die Länge zu ziehen, logischer­weise beim VfGH beschweren, und sie werden in ihrer Not die Verletzung von allen möglichen in Betracht kommenden Grundrechten geltend machen.

 


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