BundesratStenographisches Protokoll751. Sitzung / Seite 34

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Beim VfGH werden auf diese Weise pro Jahr rund 4 000 Beschwerden, ebenso viele Verfahrenshilfeanträge und Anträge auf aufschiebende Wirkung einlangen; dies zusätzlich zu seinem ,normalen‘ Eingang von rund 2 000 sonstigen Beschwerdefällen. Er wird freilich vieles ablehnen können, wie auch jetzt schon der VwGH, nur das insge­samt Drei- bis Vierfache des derzeitigen Eingangs wird er auch mithilfe der Ablehnung nicht erledigen können. Und wenn der Asylgerichtshof im Jahre 2009 – wie angepeilt – seinen Ausstoß um 50 Prozent erhöhen sollte, werden entsprechend mehr, d. h. rund 6 000 zusätzliche Beschwerden pro Kalenderjahr beim VfGH landen.“

„Der Rückstau, der da innerhalb kürzester Zeit beim VfGH entstehen wird, wird die Ab­sichten des Innenministers, die Verfahren zu beschleunigen, Lügen strafen. Die Akten werden nur nicht mehr beim Bundesasylamt oder beim neuen Asylgerichtshof liegen, sondern beim Verfassungsgerichtshof. Aber der liegt ja ... nicht im Verantwortungsbe­reich des Innenministers und kann dann ... von der Politik verhöhnt und geprügelt, im besten Fall ignoriert werden.

Das als Zugewinn des Rechtsstaates zu verkaufen, erinnert stark an die bewusste Um­deutung der Realität in anderen politischen Systemen.“

Meine Damen und Herren, diesen Auszug aus der Stellungnahme von Herrn Rudolf Müller, die ja nicht als Stenographisches Protokoll für die Nachwelt gedacht war, habe ich zitiert, damit sie dokumentiert ist, wenn man in Zukunft einmal überlegt, wie es dazu gekommen ist, dass 2007 eine von 1867 auf uns gekommene Verwaltungsinstanz und ein Rechtssystem dermaßen gravierend verschoben wurden.

Vielleicht gibt es ein Weihnachtswunder in diesen Reihen: Überlegen Sie, ob es den Aufwand nicht doch wert wäre, ein rechtspolitisch derart bedenkliches Gesetz mit einem Einspruch noch einmal an den Nationalrat zurückzuschicken, damit unter Um­ständen eine Vorgangsweise im Sinne der österreichischen Bundesverfassung gewählt wird, die all diesen Bedenken, die von nahezu 95 Prozent aller Rechtsexperten in die­sem Land geteilt werden, Rechnung trägt. Wir haben zwar Eile, was die lange Dauer der Asylverfahren betrifft, aber eine Änderung darf nicht auf Kosten des Rechtsstaates gehen und nicht mittels eines solchen Eingriffes, der auf Jahre – wenn nicht gar auf Jahrzehnte! – hinaus unser Rechtssystem bedenklich verändert, passieren.

Daher ersuche ich Sie heute eindringlich, noch einmal über die Möglichkeit eines Ein­spruchs nachzudenken, und ich lade die SPÖ und die ÖVP herzlichst ein, die Ent­schließungsanträge, zu denen sich alle Landeshauptleute, die Sie stellen, bekannt ha­ben, mit einer Mehrheit auszustatten, damit in jenen Fällen, in denen der Innenminister ein humanitäres Bleiberecht gewähren kann, vor Weihnachten wenigstens noch ein Zeichen von ein wenig Menschlichkeit in diesem Land gesetzt wird, wenn Sie schon dabei sind, das Rechtssystem in seinen Grundfesten zu verändern. (Beifall bei den Grünen.)

10.19


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Professor Ko­necny. – Bitte.

 


10.20.01

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist bemerkenswert, dass Kollege Schennach buchstäblich mit keinem Wort auf die Problemstellung eingegan­gen ist, auf die wir mit diesem Gesetzesbeschluss zu antworten versuchen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Gerade diese eigenartige Verquickung zwischen dem heute hier anstehenden Be­schluss des Bundesrates und Resolutionen, Entschließungen der Landtage, die sich


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