BundesratStenographisches Protokoll751. Sitzung / Seite 70

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Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Kollege Kühnel (Bundesrat Dr. Kühnel: Danke für die Erinnerung!), ich weiß jetzt nicht, ob ich Sie in Vertretung des Innenministers begrüßen soll.

Es ist schon interessant: Sie haben gesagt, er kommt seinen parlamentarischen Pflich­ten nach. Bei der Terminfindung müsste eigentlich schon klar gewesen sein, dass heute – und das schon seit längerer Zeit – die Sitzung des Bundesrates anberaumt ist, und auch die Materie, die heute hier behandelt wird, ist schon seit Längerem klar. Er hätte den Fraktionen des Nationalrates sagen können: Ich habe zu diesem Termin eine sehr wichtige Verpflichtung, also muss diese Sitzung zu einem anderen Zeitpunkt statt­finden. Das gilt jedenfalls, wenn wir uns hier selbst ernst nehmen und nicht sagen, wir müssen immer alles verstehen, denn der Herr Minister hat ja etwas Wichtigeres im Haus zu erledigen als zu einer Sitzung, einer Plenarsitzung des Bundesrates zu kom­men. (Bundesrätin Roth-Halvax: Die heute eine Stunde später begonnen hat!)

Ja und? – Ach so! Damit war also angedacht, dass man eine so grundlegende Verän­derung schnell in zwei Stunden durchpeitscht, weil irgendwie ohnehin schon alles klar ist? Na gut.

Werter Herr Kollege Kühnel, wissen Sie, was ich wirklich demaskierend finde und auch besonders perfide? Es ist Ihre Bewertung. Wenn Asylsuchende die Instrumente unse­rer Rechtsordnung und unseres Rechtsstaates in Anspruch nehmen, dann sprechen Sie von „ausnützen“, von „illegaler“ Beratung. (Bundesrat Dr. Kühnel: Das habe ich nicht gesagt!) Sie wollen gerne einmal dabei sein, wie Asylsuchende beraten werden. Da schwingt ja ein gehöriger Unterton mit! Sie würden die Verfahren in die Länge zie­hen.

Wissen Sie was, Herr ehemaliger Bauausschussvorsitzender des ersten Bezirkes, Kol­lege Kühnel: Jeder Hausbauer weiß, wie er ein Verfahren in die Länge zieht und wie er den Rechtsstaat und dessen Mittel von Einsprüchen gegen Bescheide bis hin zu ande­ren Rechtsmitteln richtig einsetzt, um zu seinem Recht zu kommen! Jeder Gewerbe­treibende, jeder, der versucht, die Naturschutzbescheinigungen zu umgehen, weiß, wie er das zu tun hat. Wenn das jedoch jemand tut, der Asyl sucht, dann zieht er etwas un­erlaubt in die Länge und wird hier gemeinsam mit den Rechtsanwälten, den Organisa­tionen der zivilen Gesellschaft und den Medien in einen Topf geworfen. Die missbrau­chen etwas. Sie missbrauchen einen Rechtsstaat, das steht dahinter. – Nein, sie wen­den den Rechtsstaat an, und das ist rechtens, das ist richtig. So wie jeder Hausbauer oder jeder, der sich im ersten Bezirk um einen Dachwohnungsausbau bemüht, diese Möglichkeiten ebenfalls in Anspruch nimmt.

Weiters, Herr Kollege Kühnel! Nehmen Sie einfach einmal zur Kenntnis, dass in Öster­reich von den bald acht Millionen Einwohnern eine Million zugewandert ist. Wir sind ein Einwanderungsland. Ohne diese Einwanderung würde unser soziales System stillste­hen. (Bundesrat Dr. Kühnel: Wir reden hier von Asyl! Sie vermischen schon wieder alles!)

Sie haben alles vermischt! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie vermischen alles! (Vize­präsident Weiss gibt das Glockenzeichen.) Sie haben in Ihrer Rede beides angespro­chen! (Bundesrat Mag. Himmer: Lächerlich!)

Nein! Ich nehme dasselbe Recht in Anspruch, das Sie hier von diesem Rednerpult aus in Anspruch genommen haben, und nehme zu beiden Bereichen Stellung. (Bundesrat Mayer: Ihr könnt einfach nicht unterscheiden zwischen Zuwanderung und Asyl!)

Zweitens: Der Fall Arigona ist für Herrn Kollegen Kühnel eine Herausforderung des Rechtsstaates. Der Rechtsstaat sieht allerdings vor, dass es ein humanitäres Bleibe-


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