BundesratStenographisches Protokoll751. Sitzung / Seite 107

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ohne irgendeine ordentliche Vorberatung, irgendeine Begutachtung – Herr Parnigoni weiß wahrscheinlich nicht, dass er einen Ausschuss führt –, ohne entsprechende Aus­schussberatung, nichts. Es wurde einfach eingebracht und durchgepeitscht!

Nehmen wir zum Beispiel nur den Bereich der IP-Adressen, also der Internet-Proto­kolle. Eine Stunde! – Herr Kühnel, damit Sie es dann auch wissen, wenn Sie darauf antworten. – Um 22.50 Uhr eingebracht, um 23.50 Uhr abgestimmt. Das ist sorgfältige parlamentarische Beratung? Das ist ein sorgsamer Umgang mit den Grundrechten? (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) – Kollege Kühnel, üben Sie woanders Ihre Scherze! (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Ich betone noch einmal: Wenn wir uns die heutige Rede von Herrn Vizepräsidenten Weiss durchlesen, sehen wir: Das ist eine Mahnung gewesen – aber dann muss er un­bedingt, sozusagen als i-Tüpfelchen, gerade jenes Beispiel bringen – Kollege Weiss ist ja einer der Besten von uns im Bereich Computernutzung –, wie man einen Antrag auf Ermächtigung eines Zugriffes auf IP-Adressen ohne richterliche Kontrolle um 22.50 Uhr einbringt und darüber um 23.50 Uhr abstimmt.

Meine Damen und Herren, das ist ein Skandal im Umgang mit dem Datenschutz, das ist ein Skandal im Umgang mit parlamentarischer Kontrolle! Es wurde dabei aber nicht nur die parlamentarische Kontrolle ausgeschaltet, sondern ausgeschaltet wurden auch die Kontrolle durch die Provider – und vor allem die durch Richter.

Kollege Schöls, warum ist denn die Polizei so daran interessiert, dass alles ohne rich­terliche Kontrolle geschieht, hat es doch diese Möglichkeit auch bisher schon gege­ben? Daher nochmals meine Frage: Warum müssen in all diesen Bereichen Stand­ortdaten von Mobiltelefonen ohne richterliche Kontrolle abgefragt werden? Warum müssen IMSI-Catcher ohne richterliche Kontrolle eingesetzt werden? Warum müssen Netzbetreiber – und das ohne richterliche Kontrolle – Auskunft geben über jene dyna­mischen IP-Adressen, von denen ich zuvor gesprochen habe?

Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, Sie scheinen das so hinzuneh­men, obwohl der Innenminister ganz „putzige“ und – wie Kollege Mayer schon be­merkt – lachhafte Beispiele dazu abgibt. Richtig, Herr Mayer, die Beispiele des Innen­ministers sind lachhaft, wenn er beispielsweise sagt, man müsse ja einen Vermissten orten können. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) – Und hat sich der liebe Kollege Mayer schon einmal darüber informiert, dass man das über das stille SMS schon längst kann? (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Mayer.) Und hat der liebe Kollege Mayer schon einmal nachgefragt und sich darüber informiert, dass, wenn eine Frau ihren Gatten bei einer Wanderung vermisst, dieser schon längst geortet werden kann? (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Daher die Frage: Warum braucht man dann die Ausschaltung der Polizei? (Bundesrat Mayer: Der „Polizei“?) – Pardon, ich korrigiere mich: die Ausschaltung der Richter? Warum braucht man denn die IMSI-Catcher? Wissen Sie, was das ist? – Das ist ein ganz kleines Gerät. Und wissen Sie, wie nahe Sie damit an jemanden herankommen müssen? Wissen Sie das? – 50 Meter! Da braucht es vorher also einmal eine andere Ortung, damit man dann auf 50 Meter herankommt. Ein wahnsinnig „tolles“ Mittel also. Aber wissen Sie, was man damit noch kann? – Abhören!

Das geschieht ja alles unter einem bestimmten Deckmantel, nämlich dass wir – wie es ja schon im Ausschuss so schön geheißen hat – vorsichtig sein müssen; es gibt frem­de Religionen, und wir müssen irgendwie vorsichtig sein wegen der Terrorismusgefahr. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.) – Mein Gott, Herr Kollege Kühnel, Sie sind doch ein viel klügerer Mann, als Sie sich jetzt hier darstellen. (Bundesrat Dr. Kühnel: Danke! Sie aber auch, als Sie jetzt reden!) – Das ist ein Kompliment zurück; Sie sind klüger, als Sie jetzt tun.

 


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