BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 27

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Ich habe ein bisschen die Befürchtung, dass bei den Landeshauptleuten diese Einsicht immer genau dann auftritt, wenn man auch ein Interesse daran hat, wenn eben das jeweilige Bundesland gerade den Vorsitz führt. Ich hoffe, wie gesagt, dass in Zukunft von Seiten der Landtage und auch der Landeshauptleute vielleicht mehr Unterstützung kommt, nicht nur in dem halben Jahr, in dem man den Vorsitz hat, sondern dass die Bedeutung des Bundesrates wirklich generell ein bisschen ernster genommen wird. (Beifall bei den Grünen.)

So weit also zur Theorie, zu meiner Theorie und zur Theorie des Landeshauptmannes von Tirol bezüglich des Bundesrates.

Jetzt möchte ich zum zweiten Teil meiner Ausführungen kommen, nämlich zur Praxis, denn offenbar gibt es, zumindest in Tirol, noch eine dritte Variante, also nicht nur aufwerten oder abschaffen, sondern, und ich kann es nicht anders sagen, auch die Variante des Abwertens. Denn: Was wir in Tirol im Herbst in der Diskussion über den Vorsitz des Bundesrates, den Präsidenten des Bundesrates, über die Medien miter­leben mussten, das war wirklich nicht erfreulich. Bei der gestrigen Rede des Landes­hauptmannes von Tirol hätte man fast den Eindruck gewinnen können, dass es Absicht war, dass es geplant war, dass Herr Kritzinger heute als Präsident hier sitzt. Immerhin hat Tirol den jüngsten Bundesratspräsidenten gestellt – in der Person des Helmut Mader –, und jetzt stellt es den ältesten Bundesratspräsidenten. Wir haben dann von der Würde des Alters gehört, und dass man die vielen Erfahrungen, die ältere Men­schen mitbringen, auch hier mit einbeziehen soll. Das sind alles Argumente, die ich sehr wohl gelten lasse, aber, bitte, es ist wirklich nicht so gewesen, dass das ein Masterplan war, der hinter dieser Maßnahme steht. Es war schlicht und ergreifend eine Racheaktion.

Was in Tirol passiert ist, war Folgendes: Es gab einen ehemaligen Landesgeschäfts­führer der ÖVP, den man zum Präsidenten des Bundesrates machen wollte, und es gab jemanden, der eigentlich Präsident werden wollte, der aber seinen Platz nicht räumen wollte, nämlich der Herr Kollege Ager. Und was ist passiert? – Es gab in aller Öffentlichkeit eine wochenlange Diskussion darüber, wie man denn den Herrn Ager dazu bringen könnte, zurückzutreten, was, nachdem er sich geweigert hatte, damit geendet hat, dass der Tiroler Landtag eben die „Lex Kampl“ angewendet hat und einfach die Bundesräte der ÖVP umgereiht hat.

Der Herr Landeshauptmann hat vorhin gesagt, dass der Bundesrat in der Vergangen­heit oft als „Feigenblatt“ für gewisse Aktionen herhalten musste. Er hat bestimmt etwas anderes damit gemeint als ich, aber ich kann das unterschreiben: In dieser Situation war der Bundesrat ein „Feigenblatt“ für die Bestrafung eines ÖVP-Mandatars, der nicht das getan hat, was seine – ihrer Meinung nach – ihm Vorgesetzten von ihm haben wollten. Er wurde dann dadurch bestraft, dass er dieses Amt nicht übernehmen durfte, und es ist jemand anderer zum Zug gekommen.

Ich finde, dass der Bundesrat als Schachbrett für politische Schachzüge nicht geeignet ist, und dass der Bundesrat nicht geeignet ist für eine Bestrafungsaktion für jene, die nicht tun, was man ihnen sagt. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Das Ganze hat ja dann noch gegipfelt in der Aussage des jetzigen ÖVP-Geschäfts­führers, dass dieser Bundesrat, wenn er von seinem Amt zurücktreten würde, sich ja auch finanziell keine Sorgen machen müsste, da es in der ÖVP bestimmt eine An­stellung für ihn gäbe. Als ich dann in einer Presseaussendung artikuliert habe, dass ich es schon sehr gewagt finde, Mandataren anzubieten, ihnen das Mandat abzukaufen, kam als Replik: Na wieso? Die ÖVP braucht immer gute Leute!

Das war eine Diskussion, die dem Ansehen des Bundesrates in Tirol bestimmt nicht genützt hat, und ich glaube, wenn es uns ernst damit ist, den Bundesrat aufzuwerten,


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