BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 35

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ihnen alle Unterschriften geleistet. Obwohl die sozialdemokratischen Fraktionen damals Beschlüsse darüber gefasst hatten, keinen Österreicher in ein internationales Amt zu wählen, ist der sozialdemokratische Fraktionsführer Van Cauwenberghe, da­mals Ministerpräsident der Wallonie in Belgien, zu mir gekommen und hat gesagt: Herr Kollege, wir können Sie aufgrund unserer Beschlüsse leider nicht wählen, wir können Sie wählen, aber wir können Sie nicht vorschlagen, wir werden jedoch keinen Gegen­kan­didaten aufstellen; das ist unglaublich, was man Ihnen hier angetan hat!

Ich habe gesagt: Wenn Sie mich nicht vorschlagen, dann werde ich selbst kandidieren und nehme in Kauf, unterzugehen! Das ist meine Auffassung von freier Kandidatur und Ausübung des freien Mandats! Darauf werde ich später noch zu sprechen kommen.

Wissen Sie, was dann geschehen ist? – Die Sozialdemokratie ist nach einer Stunde mit der Unterschrift gekommen, mich zum Kandidaten vorzuschlagen, weil sie gesagt hat: Das, was man mir antun wollte, war unglaublich!

Jetzt zu den anderen Dingen, auch zur Internierung – man hat gesagt, Internierungen seien so wie Konzentrationslager –: Der Begriff Internierung war kein national­sozialis­tischer, sondern ein britischer Begriff. Meine Mutter war damals im Vereinigten König­reich von Großbritannien, und sie erhielt die Aufforderung, entweder nach Hause zu fahren oder im Land interniert zu werden. Das war dort die Bezeichnung. – Aber ich möchte hier keine Vorlesung halten.

Zum Nächsten: Eine weitere Sache ist die, dass immer wieder die Keule mit dem Na­tionalsozialismus geschwungen wird. Mein Vater war zwei Mal eingesperrt. Ich weiß, was die Leute mitgemacht haben!

Ich kenne aber auch andere Leute wie Herrn Professor Halhuber, Professor für Medi­zin; er hat jetzt mit 92 Jahren ein Buch veröffentlicht. Dieser Mann war im Widerstand. Er hat ein Buch geschrieben; lesen Sie es durch, um zu wissen, wie damals die Situation war. Er hat auch ein großes Kapitel über den späteren Vizebürgermeister von Innsbruck geschrieben, Ferdinand Obenfeldner, vor dem ich auch heute noch nur den Hut ziehen kann. Was man ihm angetan hat, das brauche ich niemandem zu erzählen. Das war ungeheuerlich!

Dann darf ich Ihnen noch etwas dazu sagen, dass man mich zitiert hat mit dem, was ich zum Bundesrat gesagt habe. Selbstverständlich, ich teile meine Meinung, ich ändere sie nicht. Ich war immer der Meinung, dass die Landeshauptleute in den Bundesrat einbezogen werden sollen, aber sie sollen keine Mandatare sein. Das weiß jeder, das habe ich oft im Landtag ausgeführt.

Die Landeshauptleutekonferenz ist in der österreichischen Verfassung nicht verankert, in der Verfassungswirklichkeit spielt sie aber eine entscheidende Rolle. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Landeshauptleute eingebunden gehören, so wie ich der Meinung bin, dass gerade Regierungschefs von Ländern mit Gesetzgebungsbefugnis in verstärktem Maße in die internationalen regionalen Gemeinschaften eingebunden werden sollen, weil die Institutionen sonst an Gewicht verlieren.

Selbstverständlich bin ich jederzeit für einen Lösungsvorschlag offen. Wenn man zu 50 Prozent Gemeindevertreter schickt, ist das doch kein Unglück! Das sind Leute, die das Ohr direkt an der Bevölkerung haben, sie haben ja etwas geleistet. Wäre es eine Schande – kann man das nicht diskutieren? –, wenn im österreichischen Bundesrat die eine Hälfte aus den Bundesländern und den Landtagen käme, die andere Hälfte aus den Kommunen? Die Kommunen sind ja auch Gebietskörperschaften, die für die Republik, fürs Investitions-, Veranlagungsvermögen eine wichtige Rolle spielen. Der deutsche Bundesrat ist auch aus regionalen und kommunalen Vertretern zusam­mengesetzt.

 


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