Aber wir dürfen eines nicht tun, nämlich Ermittler zu Tätern machen, denn damit stellen wir das gesamte System in Frage. Dann sind die Ermittler dermaßen verunsichert, dass sie sich fragen: Was können wir eigentlich noch tun? – Deshalb bitte ich auch um Verständnis: Lückenlose Aufklärung – aber andererseits auch darauf schauen, dass mit allen Dingen sensibel vorgegangen wird. Denn rückblickend dann zu sagen, es hätte alles besser und anders sein können, das ist natürlich wesentlich leichter.
Trotzdem: Wenn es nur irgendwo möglich gewesen wäre, wäre es natürlich für Natascha Kampusch eine Situation gewesen, wo sie viel weniger Jahre ihrer Freiheit beraubt worden wäre. Deshalb ist dies ein Kriminalfall von einer Dimension, wie sie in Österreich einzigartig ist und, so glaube ich, auch innerhalb der Europäischen Union.
Ich darf Ihnen darüber hinaus auch sagen: Wenn wir nun von Evaluierung reden – das ist der nächste Punkt, auf den ich zu sprechen komme –, so hätte auch eine frühere Evaluierung – ich werde erklären, warum das so gemacht wurde – Natascha Kampusch nicht einen Tag Freiheit mehr gegeben. Das muss man auch sagen. Es hat hier niemand etwas getan, insbesondere was die Evaluierung betrifft, das verhindert hat, dass Natascha Kampusch früher freigekommen wäre.
Ich habe vorhin von der Situation hinsichtlich der Kommission gesprochen. Hier im Bundesrat wurde eine parlamentarische Anfrage, eben im Zusammenhang mit der Befangenheit, eingebracht, und ich möchte diese Gelegenheit nützen, damit der Bundesrat sofort Information hat, damit Sie rasch aktuell informiert werden, dass ich heute gemäß § 59 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Bundesrates diese Anfrage hier beantworte.
Was die Evaluierungskommission betrifft, habe ich bereits erwähnt, dass ich sehr erfreut bin, dass wir diese hochkarätigen, anerkannten Experten zur Verfügung haben. Es ist so: Der Begriff Befangenheit – ich beantworte nun Ihre Frage – ist im § 47 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 geregelt. Dort ist auch geregelt, dass sich ein Beamter einer Tätigkeit zu enthalten hat, wenn Befangenheit vorliegt. Wenn sich anhand eines konkreten Falles Handlungsbedarf ergibt, dann hat der Dienstvorgesetzte die Befangenheit des Beamten auch wahrzunehmen und etwa eine Vertretung zu veranlassen. Sollte beim Vorliegen einer tatsächlichen Befangenheit weder der betroffene Beamte noch der Dienstvorgesetzte diese wahrnehmen, dann sind einerseits disziplinarrechtliche Schritte zu setzen, andererseits werden unabhängig davon Maßnahmen gesetzt, um eine unbefangene Ausübung der anstehenden Aufgabe sicherzustellen.
Dr. Keplinger, um den es geht, ist ein sehr anerkannter, hoch qualifizierter und unumstrittener Polizeijurist. Jene Vorwürfe, die gegen den Landespolizeikommandanten Pilsl erhoben wurden, haben weder mit dem Fall Kampusch noch mit Dr. Keplinger zu tun. Eine Tätigkeit, die sich auf den Vorgesetzten bezieht, begründet nicht automatisch die Befangenheit. Die Wahrnehmung der Befangenheit obliegt dem betroffenen Beamten.
Ich möchte hier den Fall erklären. Wir müssen ganz genau unterscheiden: einerseits den Fall Kampusch, wo die Evaluierungskommission tätig ist – und hier ist auch Dr. Keplinger ein Mitglied dieser Evaluierungskommission –, und die anderen Vorwürfe.
Was Landespolizeikommandant Pilsl betrifft, so geht es nicht um den Fall Kampusch, sondern hier geht es um andere Vorwürfe. Deshalb steht die gesamte Angelegenheit nicht im Zusammenhang. Deshalb ist natürlich die Unabhängigkeit gegeben, also nicht die Befangenheit gegeben, was Dr. Keplinger betrifft.
Nun zur Frage der Evaluierung. – Wie Sie wissen, war das jene Zeit, als ich noch nicht Innenminister war, und leider kann auch Liese Prokop diese Fragen nicht beantworten,
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