BundesratStenographisches Protokoll753. Sitzung / Seite 92

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Präsident Helmut Kritzinger: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Kalina. Ich erteile es ihm.

 


14.58.58

Bundesrat Josef Kalina (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Innenminister, Sie haben heute hier eine Dreiviertelstunde zu uns gesprochen. Ich habe Ihnen in dieser Drei­viertelstunde sehr aufmerksam zugehört. Und ganz ehrlich: Meine positive Einschät­zung Ihres Redebeitrages ist die, dass Sie, so meine ich, die gesamte Tragweite dessen, was sich durch die Enthüllungen in Ihrem Ressort, das von Ihren ÖVP-Amts­vorgängern geführt wurde, abgespielt hat, überhaupt nicht begriffen haben, Herr Minis­ter. Sie haben eine Dreiviertelstunde gesprochen und haben eine große Chance ver­tan, nämlich zur hier ins Haus hergehörenden politischen Verantwortung wenigs­tens ein Wort zu sagen. Das haben Sie nicht getan. Sie haben dazu nichts aufgeklärt. (Vizepräsidentin Mag. Neuwirth übernimmt den Vorsitz.)

Sie, Herr Bundesminister, haben über alles Mögliche gesprochen – nur nicht über das, was hier im Haus und auch im Nationalrat natürlich diskutiert werden muss, nämlich die Frage der politischen Verantwortung für all das, was ganz offensichtlich in Ihrem Haus und unter Ihren Amtsvorgängern passiert ist.

Herr Bundesminister, parallel zu dem im Haus, was sich hier ereignet, geht die Welt auch draußen in den Medien weiter. Eine neue Umfrage, die morgen in einem Nach­richtenmagazin veröffentlicht wird, sagt: Schon mehr als 60 Prozent aller Österreicher wollen einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, weil sie der Meinung sind, dass das, was bei der Polizei passiert ist – natürlich auch bei der Finanz, aber jetzt vor allem bei der Polizei –, restlos aufgeklärt werden muss. (Bundesrat Perhab: Sie wollen auch einen neuen Bundeskanzler!)

Herr Bundesminister, Sie und auch Ihr Kollege Bieringer haben heute hier davon ge­sprochen, dass Sie eine lückenlose Aufklärung garantieren. Sie haben über alles Mög­liche gesprochen, aber Sie haben nie darüber gesprochen, was es denn überhaupt aufzuklären gibt. Es ist offensichtlich so, dass es sowohl Ihnen als auch dem Kollegen Bieringer von der ÖVP gar nicht über die Lippen kommen will, was es aufzuklären gibt. Über die ganze Geschichte, die hier ins Haus gehört, haben Sie nicht einen Satz verloren. (Bundesrat Perhab: Sagen Sie es uns!)

Es stehen die Behauptungen eines ehemaligen, aus der ÖVP kommenden, höchst­rangigen Polizisten im Raum, Herr Minister, dass jemand aus der ÖVP, aus dem Ministerbüro, aus dem ÖVP-Parlamentsklub zu ihm gekommen wäre und von ihm verlangt hat, Akten quasi zur Vorsondierung dem ÖVP-Parlamentsklub zuzuleiten, bevor sie in den Untersuchungsausschuss kommen. Das ist eine politische Frage. Ich habe das gar nicht gehört von Ihnen. Es steht in keiner ... (Bundesrat Bader: Gegen­stand der Untersuchung!) – Das ist überhaupt nicht Gegenstand der Untersuchung. Zu dem kommen wir noch. – Aber Sie haben zu diesem Fall gar nichts gesagt.

Sie haben gesagt, Sie wollen eine lückenlose Aufklärung, aber Sie sind nicht in der Lage auszusprechen, dass dieser ehemalige Spitzenbeamte und Leiter des Bundes­kriminalamtes auch behauptet, dass er politisch beeinflusst wurde, Akten an das Ministerbüro zu liefern, die er dann sofort in den Medien wiedergefunden habe. Auch das! Sie sind ja nicht einmal in der Lage, die Vorwürfe auszusprechen, geschweige denn irgendeinen Beitrag zu deren Aufklärung zu leisten.

Herr Minister, Sie sagen heute hier – und das stimmt mich bedenklich –: Irgend­je­mand – das ist ein Zitat von Ihnen, ich habe es mir aufgeschrieben – tut durch seine schmutzige Arbeit die Polizei denunzieren.

 


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