BundesratStenographisches Protokoll754. Sitzung / Seite 97

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dieser kleine Staat nimmt, mit zweistelligen Millionenbeträgen auskommt. Das nur als Beispiel genommen.

Es ist, wie gesagt, eine wirkungsvolle Unterlage, und all jenen, die noch nicht so lange bei uns sind, kann ich nur empfehlen, sich ein Brett in der Bibliothek frei zu räumen, um für die Berichte, die da noch alljährlich angeliefert werden, Platz zu finden.

Erstaunlicherweise will ich es aber mit diesen Bemerkungen nicht bewenden lassen. Natürlich bietet der Außenpolitische Bericht die Möglichkeit, über nahezu alles, außer über das Wetter, zu reden. Ich will mich also mit zwei Aspekten der österreichischen Außenpolitik beschäftigen – mit dem einen kurz, mit dem anderen ein bisschen län­ger –, weil sie mir auch besonders am Herzen liegen.

Der eine Aspekt ist die Politik Österreichs in einem Bereich, für den wir auch ein gutes Maß an historischer Mitverantwortung tragen, nämlich dem Balkan. Und ich teile die Auffassung des ehemaligen Koordinators des Stabilitätspaktes, des Herrn Dr. Busek, der gemeint hat, Österreich ist auf dem Balkan eine Weltmacht. Das war nicht selbst­überhebend gemeint, sondern es war eine bewusste Attacke – und ich kann diese At­tacke teilen – auf diese österreichische Selbstverkleinerung, wenn man sagt: Was kön­nen wir denn bewegen? Können wir irgendetwas bewegen? Wir sind doch so ein klei­nes Land! – Das stimmt im Weltmaßstab sicher, aber es stimmt regional nicht immer.

Österreich ist gerade in diesen Staaten nicht nur ökonomisch ein hoch wichtiger Part­ner und vor allem Investor. – Wenn ich „Österreich“ sage, ist das vergröbernd: Der österreichische Staat hat Hilfe geleistet und leistet Hilfe, aber die Investitionen kommen natürlich von österreichischen Unternehmen, und sie sind für viele dieser Länder ent­scheidend.

Es ist wichtig und notwendig – und das hat die österreichische Wirtschaft in einem be­merkenswerten Umfang verstanden –, nicht nur in solche Länder zu gehen, sondern früh in solche Länder zu gehen, zu den Pionieren zu gehören. Ich würde mir das bei­spielsweise für Montenegro – nicht von Ihnen, aber von der österreichischen Wirt­schaft – wünschen, dass in einer möglichst frühen Phase, wenn es noch schwierig ist und wenn es auch noch manchmal wehtut, dort Investitionen stattfinden. Ich kenne bei­spielsweise all die nicht immer romantischen Geschichten, die österreichische Investo­ren in Albanien oder in Bulgarien erlebt und vielleicht auch erlitten haben, aber sie ha­ben sich dort letztlich durchgesetzt und haben damit einen besonders wichtigen Beitrag geleistet. Dann zu investieren, wenn alles an Schwierigkeiten schon vorüber ist, ist sozusagen keine Kunst, aber früh hinzugehen, das Risiko mitzunehmen, ist für diese Länder gut, aber es ist letztlich auch, wenn es erfolgreich ist, für den betreffenden Investor gut, weil man dann nicht nur das Standbein sehr fest in diesem Land hat, sondern es auch eine emotionale Bindung gibt zu denen, die früh gekommen sind und beim wirtschaftlichen Aufschwung eines Landes von Beginn an dabei waren.

Diese Politik, die auch staatliche Unterstützung insofern erfährt, als es gelegentlich garantierte Projekte in solchen Ländern gibt, ist ein Kernstück der Entwicklung dieser Länder, und unsere politische Partnerschaft mit diesen Ländern ist eine weitere wich­tige Voraussetzung für diese Entwicklung.

Wir haben uns über viele Jahre hinweg redlich bemüht, nicht kritiklose Partner zu sein – und auch das ist wichtig –, sondern auf allen Ebenen immer wieder auch deut­lich gemacht, dass wir von diesen Ländern einen massiven eigenen Beitrag für ihre Entwicklung erwarten, politisch und ökonomisch, weil ihre Rechtsordnungen und die Praxis von deren Ausübung nicht den Erfordernissen entsprechen, die europäische Demokratien und europäische Rechtsstaaten von ihren Partnern erwarten.

 


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