BundesratStenographisches Protokoll754. Sitzung / Seite 99

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Gebiet nördlich von Mitrovica – um ihm nicht einen anderen Namen zu geben, sondern es nur geographisch zu bezeichnen – wird uns noch vor gewaltige Probleme stellen; nicht den österreichischen Bundesrat, aber die österreichische Außenpolitik und die Politik der Europäischen Union.

Natürlich ist es richtig, hier Aufbauhilfe auch und gerade in rechtlicher Hinsicht zu leis­ten, aber es sind natürlich nicht die günstigsten Voraussetzungen für die Mission der Europäischen Union, wenn sie sich zunächst einmal ihre Amtsgebäude mit Waffenge­walt zurückerobern muss. Das wird noch ein gewaltiges Problem werden.

Damit ist auch der Kernpunkt des Problems definiert, denn natürlich, wie so oft – und ich habe das in einem völlig anderen Zusammenhang heute schon einmal aufgegriffen und kritisiert –, macht man mit Außenpolitik vor allem eines: Innenpolitik. Und was in Serbien derzeit geschieht, ist natürlich innenpolitisch determiniert. Und was nördlich von Mitrovica passiert, ist auch serbisch innenpolitisch determiniert.

Wir haben deutlich zu machen, dass wir auf der Seite jener Kräfte stehen, die demo­kratisch verfasst sind, sich zur Demokratie bekennen und die nicht auf einer extrem na­tionalistischen Position verharren. Ich bin dem serbischen Außenminister sehr dankbar, dass er vorgestern – sofern ich das richtig in Erinnerung habe – sehr, sehr deutlich klargestellt hat, dass es nicht die Politik dieser Regierung ist, den nördlichen, serbisch bewohnten Teil Kosovos an Serbien anschließen zu wollen.

Vuk Jeremić hat damit wirklich eine vernünftige Aussage getroffen, die ihm zwar viel­leicht im anlaufenden Wahlkampf nicht unbedingt Sympathien bringt, die aber notwen­dig war, um klarzustellen, dass es zumindest politische Kräfte in diesem Land gibt, die mit dem nicht spielen, sondern, auch wenn sie nichts unterzeichnet haben und nicht einverstanden waren, bereit sind, sich an den Komment internationaler Staaten zu hal­ten. Und wir sollten klar aussprechen und offensiv zum Ausdruck bringen, dass wir für die radikalen Schreier, die bruchlos von Milošević zu Mikulić übergegangen sind, so wenig Sympathien empfinden wie für jene nationalistischen Opportunisten, die zwar im Augenblick noch Ministerpräsident einer Regierung sind, aber wo man die große Lupe braucht, um einen inhaltlichen Unterschied zu den Mikulić-Radikalen entdecken zu können.

Die Zeit, wo Koštunica eine demokratische Hoffnung war, gehört der Steinzeit der po­litischen Entwicklung Serbiens an, aber nicht der heutigen Aktualität. Das ist klar auszusprechen, und ich lade Sie alle ein, zu versuchen, das, in welcher Form auch immer, der österreichischen Öffentlichkeit, vor allem aber den Menschen serbischen Ursprungs, die bei uns leben, die vielleicht Staatsbürger sind oder auch nicht, die viel­leicht noch wahlberechtigt sind oder auch nicht, aber jedenfalls Stimmungsträger sind, zu verdolmetschen und zu verdeutschen, um es einmal so zu sagen. Gerade dann nämlich, wenn man sozusagen im Exil lebt und die realen Entwicklungen zu Hause nicht mehr mitbekommt, ist die Gefahr, dass man sich in einer Idealvorstellung einigelt, besonders groß. Und dem sollten wir uns, wo wir die Möglichkeit haben, als Ge­sprächspartner stellen.

Ein Balkan, in dem es einen „Paria“ gibt und alle anderen Länder der Europäischen Union näher rücken, ist mit Sicherheit keine Perspektive, die wir uns wünschen kön­nen. Ein Balkan, bei dem zögernd, spät und nicht ohne Widersprüche auch Serbien sich in den Bereich derer begibt, die nach Europa streben, das ist etwas, was wir uns wünschen und wozu wir etwas beitragen sollen. Persönlich kann ich nur sagen: Bei meinem Wirt in Brüssel, den ich regelmäßig besuche und der gebürtiger Serbe und auch noch wahlberechtigt ist, habe ich schon gewisse Erfolge erzielt. – Das war das lange Thema.

 


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