BundesratStenographisches Protokoll754. Sitzung / Seite 113

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Also vielen herzlichen Dank! Vor allem auch im Namen der Kolleginnen und Kollegen, die draußen sind und oft unter sehr schwierigen Voraussetzungen den Dienst für diese Republik und für ihre Menschen leisten.

Es sind sehr viele Themen angesprochen worden, und ich möchte doch auf einige ein­gehen. Ich möchte eigentlich mit einer gewissen Bewegung, sage ich auch persönlich, auf den Redebeitrag des Herrn Bundesrates Kampl eingehen. Ich verstehe wirklich nicht, wie man behaupten kann, dass die Bürgerinnen und Bürger bei einem Vertrag wie dem Vertrag von Lissabon nicht mitbestimmt haben! Ich frage Sie, Herr Bundesrat: Das österreichische Parlament, Nationalrat und Bundesrat, beschließt im Jahr, ich weiß nicht wie viele, aber Hunderte Gesetze – heißt das, dass das über die Köpfe der Bevölkerung hinweg geschieht? (Bundesrat Ing. Kampl: Das ist ja nicht ein normales Gesetz, bitte!)

Das ist ein Vertrag (Bundesrat Ing. Kampl: Das ist ja was Größeres!), der die Men­schen direkt berührt. Aber wie viele Gesetze berühren die Menschen direkt? – Ich könnte mir sehr viele Gesetze vorstellen, die die Menschen unmittelbarer und viel mehr als dieser Vertrag betreffen. Ich stehe für diese repräsentative Demokratie, die wir ha­ben! Ich glaube, dass die Behandlung im Parlament sehr wohl eine Behandlung im In­teresse der Bürgerinnen und Bürger bedeutet und dass das nicht über die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger hinweg geschieht.

Wenn dieser Vertrag in einer Art und Weise wie, meiner Erinnerung nach, kein anderer Vertrag im Parlament behandelt worden ist – in vier Sitzungen des Verfassungsaus­schusses, in öffentlichen Sitzungen, im Experten-Hearing –, dann hat hier eine umfas­sende Diskussion stattgefunden, wie sie über keine anderes Gesetz stattfindet, ge­schweige denn über einen völkerrechtlichen Vertrag. Ich behaupte daher, dass dieser Vertrag sehr wohl unter Beteiligung und Mitwirkung, im Sinne unserer repräsentativen Demokratie, von den Bürgerinnen und Bürgern mit diskutiert und mitbestimmt wurde. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Bundesrat Ing. Kampl: Warum hört man dann von Verfas­sungsexperten etwas anderes?)

Sie haben soeben die Verfassungsexperten angesprochen. (Bundesrat Ing. Kampl: Sagen etwas anderes!) Nennen Sie mir einen einzigen österreichischen Verfassungs­experten, der der Meinung ist, dass dieser Vertrag einer obligatorischen Volksabstim­mung zu unterwerfen gewesen wäre! Wir alle haben einen deutschen Verfassungs­rechtler gehört, der immer vom Bundesverfassungsgericht und vom deutschen Grund­gesetz gesprochen hat. (Bundesrat Ing. Kampl: Dr. Böhm!) Ich kenne keinen namhaf­ten ... (Bundesrat Ing. Kampl: Dr. Böhm ist ...! – Bundesrat Dr. Kühnel: Bitte, das ist ein Zivilprozessrechtler und kein Verfassungsrechtler!) – Wir reden von Verfassungs­rechtlern.

Aber wie dem auch immer sei, es besteht, vom Bundespräsidenten angefangen, zwi­schen allen österreichischen Experten übereinstimmend die Meinung, dass dieser Ver­trag keine Gesamtänderung der Bundesverfassung darstellt und es daher durchaus berechtigt und richtig ist, dass dieser Vertrag dort behandelt wird, wo er nach der ös­terreichischen Bundesverfassung hingehört, nämlich im österreichischen Parlament. (Bundesrat Mitterer: ... alles möglich!)

Herr Professor Konecny, Sie haben – dafür bin ich sehr dankbar – einen der ganz we­sentlichen Schwerpunkte der österreichischen Außenpolitik der letzten Jahre genannt, nämlich das, was man als „Balkan“ bezeichnet. Ich bin nicht immer sehr glücklich mit diesem Ausdruck; die Balkanstaaten sind es auch nicht immer. Aber wir wissen, wovon wir reden, und ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Ich möchte aber doch auf zwei Dinge hinweisen. Erstens – Sie haben es nur kurz an­gesprochen – ist die Balkanregion eine der Schwerpunktregionen der österreichischen


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