BundesratStenographisches Protokoll755. Sitzung / Seite 80

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viele Mails bekommen, aber ich glaube, nicht sehr viele von uns haben sie beantwor­tet. Ich habe mir die Mühe gemacht und habe sie alle beantwortet.

Die Mails von der Friedenswerkstatt enthielten einiges: Auf der einen Seite waren da nur Schlagworte, von denen man, wenn man sich damit näher beschäftigt, begreift, dass sie im Prinzip nichts mit dem Reformvertrag zu tun haben. Auf der anderen Seite waren es Dinge, die so einfach nicht stimmen. Auf der dritten Seite waren es Dinge, von denen ich sagen muss: Natürlich kann man den Teufel an die Wand malen, aber es gibt in Europa auch noch Demokratien mit nationalen Parlamenten! Man muss nicht immer vom schlimmsten Fall ausgehen.

Ich habe diese Mails beantwortet und bekam viele weitere Rückmeldungen. Das waren keine Schimmelmails mehr, sondern andere. Viele davon waren wirklich sachliche Ant­worten, verständnisvolle Erklärungen von Standpunkten dieser Menschen. In viel mehr Rückmeldungen ist aber leider nur gestanden: Ich glaube euch einfach nicht. Oder: Einem Politiker glaube ich sowieso nichts. Oder: Die EU ist sowieso schuld an allem, an der Armut, an der Globalisierung und an der Atomkraft. Diese Mails finde ich sehr beunruhigend. Ich denke, wir müssen es ernst nehmen, wenn es in Österreich so viele Menschen gibt, die eine solche Meinung von ihrer Regierung und von ihren Politikern haben.

Kollege Konecny hat vorhin darüber diskutiert, ob es 60 oder 80 Prozent der Bevölke­rung sind, die eine Volksabstimmung wollen. Sollen es 40 Prozent sein, das ist trotz­dem sehr viel! Auch wenn nur 20 Prozent mit solchen Argumenten eine Volksabstim­mung wollen, ist das erschreckend viel. Ich denke, wir müssen das ernst nehmen, auch wenn wir es jetzt so in dieser Form nicht verstehen.

Was wir besonders ernst nehmen müssen, ist die Skepsis dieser Menschen. Warum glauben sie denn, dass man einem Politiker von Haus aus nichts glauben darf? Warum fühlt man sich so belogen? Liegt es daran, dass beim Beitritt nicht alles direkt gesagt worden ist? Liegt es daran, dass die Information zwar vorhanden ist – wobei ich dazu­sagen muss, dass Sie sich persönlich, Herr Staatssekretär Dr. Winkler, immer sehr darum bemüht haben, allen alles zu erklären –, dass man aber beim Erklären nicht in die Breite gegangen ist? Das hat leider in diesem Fall sehr gefehlt. Breite, sachliche Information hat es leider nicht gegeben.

Der Vertrag ist sehr, sehr kompliziert zu lesen; man hätte ihn wahrscheinlich aufberei­ten müssen. Da hat einiges gefehlt.

Aber warum fühlen sich diese Menschen nicht ernst genommen? Es ist für mich er­schreckend, dass in diesem Fall offenbar der „Kronen Zeitung“ mehr Glaubwürdigkeit zugesprochen wird als dem Informationsdienst des Außenministeriums, auch wenn dieser einen Vertragstext zuschickt. Letztendlich glauben die Menschen das, was in der „Kronen Zeitung“ steht, denn den Politikern kann man ja – so heißt es – nichts mehr glauben. Es ist nicht nur erschreckend, es ist für mich auch ein großer Grund zur Sorge. Ich denke aber, man soll sich nicht nur sorgen, sondern sich auch überlegen, wie man diese Einstellung ändern kann.

Die Regierung neigt leider in sehr vielen Bereichen dazu, sich auf die EU auszureden. Zum Thema Transitverkehr hören wir immer: Wir können nichts tun, denn die EU will alle ihre Lkw durch Österreich schicken. – Die EU schreibt uns aber nicht vor, dass wir quer durch Österreich überall und an jeder Ecke eine Autobahn bauen müssen; das entscheidet die Regierungspolitik. Außerdem würde uns die EU eine flächendeckende Lkw-Maut ermöglichen; das wäre laut Wegekostenrichtlinien möglich. Aber wir haben heute in der Anfragebeantwortung des Herrn Verkehrsministers wieder gehört, dass er davon offenbar nichts mitkriegen will. Er ist überhaupt nicht darauf eingegangen, ob eine flächendeckende Lkw-Maut jemals absehbar ist.

 


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