anderen Vorhaben, die ja nicht minder kritisiert wurden, etwa der Zivildienstagentur; oder ich erinnere die SPÖ daran, wie sehr sie Sturm gelaufen ist gegen die Familien GmbH, die hier gegründet wurde und die heute im Grunde gerade noch irgendwie gerettet wird.
Hier geht es darum, dass man in einem ganz, ganz wichtigen Bereich Leistungen in Strafvollzugsanstalten – Sie schränken es zwar auf zwei ein, aber das steht ja so noch nicht fest – auslagert. Das heißt, es wird Fachpersonal von einer Agentur beschäftigt, auf die die Anstalten keinen Einfluss mehr haben.
Wenn Fachpersonal systematisch durch eine Agentur bereitgestellt wird, was bedeutet das für die Zukunft? Sind Sie, Frau Ministerin, hier diejenige – obwohl Sie es nicht wollen –, die die ersten Schienen in Richtung Privatisierung, Teilprivatisierung im Strafvollzug legt? Ich habe schon im Ausschuss gesagt, wir hatten größte Bedenken bei den EU-Beitrittsverhandlungen mit Rumänien und Bulgarien, dass die dortigen Systeme im Strafvollzug, insbesondere in der U-Haft – weil dort die U-Haft nämlich privatisiert war –, auf europäische Konformität gesetzt werden. Und nun wird ein solcher Schritt gesetzt in einem Bereich, der wohl extrem sensibel ist, nämlich bei Menschen, die „unter Maßnahme sitzen“, oder – wir können es auch anders ausdrücken – bei geistig abnormen Rechtsbrechern oder bei Menschen, die in psychischen Problemlagen sind.
Wenn ich die jüngste Studie über Wien-Josefstadt hernehme: Diese besagt, dass 90 Prozent der jugendlichen Häftlinge psychisch krank sind. 90 Prozent der Jugendlichen sind psychisch krank, und 30 Prozent wurden sexuell missbraucht! Das ist schon eine sehr, sehr alarmierende Zahl. Und 70 Prozent leiden sogar an mehreren psychischen Krankheiten. Hier wurde der Begriff des „multimorbiden Sample“ geprägt. Wenn 80 Prozent der Insassen körperliche Gewalt und 30 Prozent sexuelle Gewalt am eigenen Körper verspürt haben, so bedeutet das natürlich im Strafvollzug eine enorme Herausforderung – und das ist teuer.
Sie sagen, dass es Einsparungen von 8,1 Millionen € geben wird, die ja an sich und so meiner Meinung nach noch nicht belegt sind. Und wenn ich jetzt diesen medizinischen Bereich hernehme, so sagt auch die Ärztekammer – und das gilt auch für geistig abnorme Rechtsbrecher –, dass eine funktionierende Beziehung zwischen dem Patienten – und das ist auch ein geistig abnormer Rechtsbrecher oder ein Häftling mit psychischen Folgeschäden – und dem Arzt von großer Bedeutung ist.
Durch diese Art von Arbeitskräfteüberlassung befürchte ich jedoch, dass dies in der Form nicht gegeben ist. Ich feiere übrigens in diesem Jahr mein 30-jähriges Jubiläum als ehrenamtlicher Bewährungshelfer für Ihr Haus, und ich kann Ihnen sagen, dass ich mehrere Fälle hatte, wo ich nicht drei Jahre Bewährungshelfer war, sondern in zwei Jahren über neun Jahre zu jeweils einer einzigen Person. Warum? – Weil es genau an dieser Schnittstelle war: jugendliche Sexualstraftäter. Und die Betreuung in diesem Bereich, die kostet natürlich. Aber die Frage ist ja auch: Was wollen wir mit dem Maßnahmenvollzug? – Wir wollen auf der einen Seite eine Heilung, auf der anderen Seite eine Risikoabschätzung für die Gesellschaft und auf der dritten Seite trotzdem die Chancen der Wiedereingliederung ausloten.
Die Bewährungshilfe können Sie mit dieser Agentur, die Sie hier heute verabschieden, nicht vergleichen, denn das eine ist die unmittelbare Betreuung in der Maßnahme, im Strafvollzug, und das andere ist im Wesentlichen die Begleitung auf Vereinsbasis außerhalb des Strafvollzuges. – Natürlich gibt es auch Jugendliche, die einsitzen und bereits Bewährungshilfe haben, aber zu 95 Prozent hat das eine andere Tradition.
Sehr geehrte Frau Justizministerin! Ich schätze Ihre Arbeit. Aber diesen Schritt kann ich nur finanziell verstehen, aber ich kann ihn substanziell nicht nachvollziehen. Denn:
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